Formats
Citation
Elsaesser, Thomas. “Die Kamera in der Küche: Werben für das Neue Wohnen.” In Umwidmungen: Architektonische und kinematographische Räume, edited by Gertrud Koch, 36–56. Berlin: Vorwerk 8, 2005.

Die Kamera in der Küche: Werben für das Neue Wohnen

Thomas Elsaesser

from Neues Bauen in Frankfurt und Martin Elsaesser by Thomas Elsaesser

View this book

Die Frankfurter Küche, 1926–1927, Grete Schütte-Lihotzky. Foto Das Neue Frankfurt (1927).

Die Architektur muß als System der Darstellung verstanden werden, genau so wie wir Zeichnungen, Photos, Modelle, Filme oder das Fernsehen betrachten, nicht nur, weil die Architektur durch diese Medien uns zugänglich gemacht wird, sondern auch weil der gebaute Raum selbst ein System der Darstellung ist.1

Vielleicht etwas freier als von den Veranstaltern beabsichtigt, interpretiere ich das Thema „Umwidmung des kinematographischen Raums“ als Einladung, auch über sein scheinbares Gegenteil nachzudenken, nämlich über Räume, die sich dem Film und dem Kino nur selten und unter ganz bestimmten Umständen öffnen. Damit meine ich nicht die bekannteren Tabu-Zonen des klassischen Hollywoodkinos wie z.B. Schlafzimmer, Bad oder Toilette (man denke an den Schock, den um 1960 der Bild- und Ton-Close up der Wasserspülung einer Kloschüssel in den ersten Sequenzen von Psycho (USA 1960, Alfred Hitchcock) ausgelöst hatte). Vor allem das Badezimmer und die Toilette sind im aktuellen Film derart omnipräsent, daß sie fast schon stereotyp die Ikonographie einer häuslichen Idylle liefern – nicht trotz, sondern gerade wegen ihres impliziten Verweises auf den Horrorfilm. Mir geht es hier um die Küche – auch sie ist inzwischen dank des Fernsehens sowohl in Familienserien wie in Kochprogrammen überrepräsentiert – deren Geschichte im Film allerdings noch ihres definitiven Interpreten harrt. Eingerahmt von Lois Webers The Blot (USA 1921), den Kammerspielfilmen des Expressionismus, den Englischen kitchen sink Filmen und Chantal Akermanns Jeanne Dielmann (F 1976) würde diese Geschichte vor allem die Topoi domestizierter bzw. rebellierender Weiblichkeit inventarisieren (wiewohl der Verweis auf die Rolle der Küche in Kubricks The Shining (GB 1980) diese Genealogie etwas verkompliziert). Über die Melodramen eines Vincente Minnelli (The Long Long Trailer [USA 1954]), Nicholas Ray (Rebel Without a Cause [USA 1955]) oder die Doris Day-Komödien würde sie die Verstrickung der Küche mit der aufkommenden Konsumkultur der fünfziger Jahre nachzeichnen und damit einen Beitrag liefern zur geschlechtsspezifischen Mediatisierung des privaten Raums.

Eine parallele, teilweise jedoch auch gegenläufige Tendenz ließe sich im nicht-fiktionalen Film feststellen, wo eine solche Mediatisierung im Zeichen einer nicht minder geschlechtsspezifischen „Lebensreform“ stand und sich, zumindest in den zwanziger Jahren, als Teil einer Mobilisierung der Reformkräfte und Revolutionierung des Lebensstils begriff. Meine Ausführungen sind ein Versuch zur Archäologie dieser Mediatisierungsprozesse auf dem Gebiet des Wohnens, das seit der bürgerlichen Revolution als Symbol der Familie und der Privatsphäre einen der Bereiche des menschlichen Zusammenseins darstellt, der vor dem Eingriff der Staatsmacht rechtlich und ideologisch besonders geschützt ist. Gerade in dieser Hinsicht ist allerdings bereits wiederholt darauf hingewiesen worden, wie stark in der frühen Moderne diese Privatsphäre gewissermaßen durch eine neue Öffentlichkeit unter Druck gerät und sich eine Verschiebung vom privaten zum (ver)gesellschaftlichen Raum abzeichnet. Im Zuge mehrerer Reformbewegungen, die sich den Ideen der Technologisierung, des Planens und der Rationalisierung verschrieben hatten, erfährt dieser neue Raum eine in den 1920er Jahren noch merklich ambivalente Kodierung zwischen Produktions- und Konsumptionssphäre.

Damit gerät auch die Küche unter den Einfluß einer Modernisierung mit doppeltem Vorzeichen. Einerseits vollzieht sich ihre Modernisierung unter dem Banner einer politischen Idee – des Sozialismus und seiner Bemühungen um die Vergesellschaftung des Privatbesitzes, der Arbeit, der Erziehung, der Gesundheit, ja selbst der Ernährung und des Wohnens. Andererseits sind es die kapitalistischen Prinzipien der „Disziplinierung“ zum Konsum und der Normierung von Wunschvorstellungen, die auch vor dem Haushalt nicht Halt machten, sondern ganz im Gegenteil gerade den Haushalt und das Leben der Hausfrau besonders ins Visier nahmen. Es gehört zu den Binsenweisheiten der Cultural Studies, daß in diesen widersprüchlichen Modernisierungen die neuen Massenmedien – zunächst die illustrierte Zeitung und Monatszeitschrift, dann der Rundfunk, im Lauf der zwanziger Jahre aber auch die Photographie und das Kino, in Form von Star-Bildern, Vor-Bildern, Mode und Interieurs – eine entscheidende, weil die Widersprüche zementierende Rolle spielten.

Denn die Diskurse, die sich aus der Verschränkung von Reformpolitik, Industrie, Technologie und Massenmedien entwickeln oder miteinander konkurrieren, oszillieren oft stark zwischen Volksaufklärung, Dokumentation, Propaganda und Werbung. Die Debatten wurden offen geführt: Zeitschriftenartikel, Photoserien, Bücher und Broschüren beschäftigten sich intensiv mit dem Bereich des Wohnens in der Großstadt, debattierten Wohnungsnot, Volksgesundheit und zweckmäßige Ernährung. Die sogenannten Straßen- und Zille-Filme dokumentierten die Mißstände, während in geringerem Umfang auch der nichtfiktionale Film – zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Dokumentarfilm, sondern eher als Kultur- und Lehrfilm bekannt – verschiedene „Lösungen“ propagierte. Aus heutiger Sicht bedarf es allerdings einer weiteren Verschiebung, hin zum Industrie- und Werbefilm, ehe sich die Konturierung einer spezifisch filmischen Diskursivierung der „Küche“ abzeichnet. Gerade in bezug auf den Industrie- und Werbefilm verliert das Thema jedoch seinen reformerisch-sozialistischen Charakter und gerät in den Bereich der Produktwerbung, wie sie die kapitalstarken Großfirmen, oft mit sozialem Anspruch, immer gezielter betrieben: oft in Zusammenarbeit mit städtischen Behörden oder gemeinnützigen Verbänden. Hier nun soll dieses Spannungsfeld an einem Sonderfall – dem des „Neuen Bauens“ und der „Frankfurter Küche“ – exemplarisch nachgezeichnet werden.

Das Neue Bauen

In der Geschichte der modernen Architektur ist dem „Neuen Bauen“, der deutschen Variante des internationalen Stils, ein besonderer Platz vorbehalten?2 Peter Behrens, Mies van der Rohe, Walter Gropius, Bruno Taut, Martin Wagner und Ernst May gelten als die tonangebenden Theoretiker und Propagandisten des Neuen Bauens, die dessen Prinzipien auch in die Praxis umzusetzen wußten. Neben Berlin wurde vor allem die Stadt Frankfurt, Wirkungsstätte von Ernst May und seiner Kollegen, diesbezüglich in den Jahren 1925 bis 1930 in ganz Europa berühmt, da nicht zuletzt ihre Architekten und Planer für neue häusliche Einrichtungen warben, die zu einem wesentlichen Teil die Bedürfnisse von (Haus-)Frauen anvisierten und auf deren Wünsche ausgerichtet waren. Sozialer Ausgangspunkt und politische Tragfläche des Neuen Bauens war die allgemeine Wohnungskrise in den meisten deutschen Städten der unmittelbaren Nachkriegsjahre des Ersten Weltkriegs (1918 bis 1920).3 Als Folge der massiven industriellen Expansion in den sogenannten Gründerjahren wohnten bei Kriegsbeginn große Teile besonders der Arbeiterklasse (die gerade aus den ländlichen Gegenden als das neue Proletariat für die Fabriken in die Städte gezogen waren) in unmenschlichen Verhältnissen, die durch den bekannten Begriff der Mietskaserne nur unzureichend beschrieben sind. Kindersterblichkeit, Krankheit, häusliche Gewalt hatten um 1920 epidemische Proportionen angenommen, noch erschwert durch die Influenza-Epidemie und die Hungersnot der „Rübenwinter“. Während der vier Kriegsjahre von 1914 bis 1918 hatte es keinerlei Wohnungsbauprojekte der öffentlichen Hand gegeben. Aufgrund von Reparationszahlungen, Inflation und dem Zusammenbruch des Steuersystems bestand auch in den ersten Nachkriegsjahren wenig Anreiz für den Start neuer Bauprogramme oder anderer städtischer Maßnahmen, welche die Lage verbessert hätten. Diese Situation hielt an bis zur Währungsstabilisation, die um 1924/25 begann. Es folgte eine kurze Periode rapider wirtschaftlicher Expansion von 1925 bis zum Börsenkrach 1929, der Deutschland in seinen vollen Auswirkungen erst 1930/31 traf. In der Folge stieg die Arbeitslosenzahl 1932 auf fast 4,5 Millionen, die politische Situation wurde angesichts heftiger sozialer Unruhen zunehmend instabiler, womit der Machtergreifung durch Hitler und die Nationalsozialisten ein fruchtbarer Boden bereitet war.

Genau um dieses kurze Zwischenspiel des Aufschwungs der Jahre 1925 bis 1930/31 geht es beim Neuen Bauen. Während einer Zeitspanne von nicht mehr als fünf bis sechs Jahren hatte damals eine Gruppe von Architekten, Reformern und Stadtplanern es geschafft, die Vorstellung vom urbanen Raum so nachhaltig zu prägen, daß sie die Themen der internationalen Diskussion fast für den Rest des Jahrhunderts bestimmen konnten.4 In benachbarten Ländern, vor allem in Österreich (Wien), der Schweiz (Zürich, Basel) und den Niederlanden (Rotterdam und Amsterdam) waren ähnliche Initiativen für den sozialen Wohnungsbau entstanden, weshalb es nicht erstaunt, daß Vertretern dieser Länder – so z.B. Grete Schütte-Lihotsky, Hans Mayer und Mart Stam – eine wichtige Rolle in den Frankfurter Experimenten zukommen sollte.

Die treibende Kraft hinter der Frankfurter Wohnungsbau-Initiative war der gebürtige Frankfurter Ernst May, ein Architekt und Planer, den der neu gewählte Oberbürgermeister Ludwig Landmann aus Breslau (heute [Wrocław/Polen]) mitgebracht hatte, um das Stadtbauamt zu leiten.5 May hatte seine Ausbildung in England erhalten, wo er bei Raymond Unwin, einem der Pioniere des Konzepts der Gartenstadt, studiert hatte. Bezogen auf die Architekturdebatten der Zeit war May ein überzeugter Neuerer (er bevorzugte das Flachdach und benutzte statt Backstein vorfabrizierte Betonwände, in deren weißgetünchte Außenseite die für das Neue Bauen typischen horizontalen Fensterbänder und vertikalen Eckfenster oder verglasten Treppenschächte eingelassen waren). Politisch gehörte May zum linken Flügel der Sozialdemokraten, obwohl er in den nicht seltenen Polemiken oft als Kommunist bezeichnet oder gar als „Kulturbolschewist“ beschimpft wurde. Als diese Angriffe seitens der rechten Presse und der nationalsozialistischen Abgeordneten im Stadtrat immer schroffer und persönlicher wurden, zog May die Konsequenzen und verließ, zusammen mit einem Großteil seines Mitarbeiterstabs, Frankfurt 1930 in Richtung Moskau.6 Auf Einladung der sowjetischen Regierung entwarf er die Industriestadt Magnitogorsk, fand sich aber auch dort bald im Widerspruch zur Parteiführung und der stalinistischen Planungsbürokratie.7 Ernüchtert von dieser Arbeit ließ er erneut alles hinter sich und verbrachte die Kriegsjahre als Stadtplaner in Tansania, dem früheren Deutsch Ost-Afrika.8 1930 schien die Übersiedelung nach Moskau noch eine kluge Entscheidung zu sein, übte die junge Sowjetunion doch auf die progressive Intelligenz in Kunst und Technik zu diesem Zeitpunkt eine geradezu magnetische Anziehungskraft aus. Zudem hatte sich May ausbedungen, sein Honorar in harter US-Dollar-Währung ausbezahlt zu bekommen.

Mit seinen Plänen und Siedlungsideen Mitte der 1920er Jahre reagierte May auf Le Corbusiers Vision einer neuen Stadt von 1922, La Ville d’aujourd’hui, und konterkarierte diesen mit einem weniger megalomanen, dafür bewußter nach sozialistischen Prinzipien und auf die Grundbedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung ausgerichteten sozialen Wohnungsbauprogramm. Er nannte es „Die Wohnung für das Existenzminimum“ – ein Leitbegriff, unter dem May dann auch 1929 den zweiten Weltkongreß Moderner Architekten (Congrès International des Architectes Modernes, kurz: CIAM) organisierte. Dank May wurde Das Neue Frankfurt (DNF) zu einem weltweit vorbildlichen Markennamen für gestalterische Innovation, zweckmäßiges Design und praktisches Durchsetzungsvermögen auf dem Gebiet der Stadtplanung und des Modularprinzips in der Bauwirtschaft, wobei sich Mays Aktivitäten neben dem eigentlichen Wohnungsbau insbesondere auch auf die publizistische Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte. Durch Musterschauen, Messen und Tagungen wurde der Name DNF auch über die gleichnamige Zeitschrift hinaus dank Broschüren, Möbel- und Inneneinrichtungskatalogen, öffentlichen Lesungen und nicht zuletzt einem Filmklub als Idee und Realität in Umlauf gebracht.9 Dabei entwickelte May ein ausgesprochenes Talent, für seine Unternehmungen maximale Publizität zu erzielen, wodurch er – ungeachtet der tatsächlichen Ergebnisse seiner Initiativen – Das Neue Frankfurt als Symbol revolutionären Denkens im Bereich des öffentlich subventionierten Wohnungsbaus in die Geschichtsbücher hat eingehen lassen. So ist für viele Aspekte der modernen Architektur, der Stadtplanung und des rationellen Designs „Das Neue Frankfurt“, neben dem „Bauhaus“ und der Stuttgarter „Weißenhofsiedlung“ noch immer der internationale Leitbegriff.10 Was mich an dieser allgemein bekannten und in der Fachliteratur gut dokumentierten Geschichte hier interessiert, ist zum einen die Rolle der Massenmedien, insbesondere des Films, und zum anderen die Rolle der Frau als implizite Konsumentin nicht nur von Gütern im Haushalt, sondern auch von Ideen zu dessen grundsätzlicher Umgestaltung.

Der neue Mensch oder die neue Frau?

Es stehen also weniger die architektonischen Prinzipien des Neuen Frankfurt oder das eigentlich Revolutionäre an Ernst Mays urbanistischem Gedankengut zur Debatte, sondern vielmehr seine Einsicht, daß nur eine publizistisch und propagandistisch aufbereitete Mediatisierung dem Neuen Bauen zum Erfolg verhelfen konnte. An wen richtete sich diese Offensive? Sicher in erster Linie an Planer, Architekten, Erzieher, Künstler, Journalisten, Politiker und die internationale Fachwelt. Doch darf nicht unterschätzt werden, in welchem Maße auch das Nachkriegspathos und -ethos des „Neuen Menschen“ in diesen Vorstellungen zum Umbau des öffentlichen Raums und der Privatsphäre des familiaren Bereichs noch mitschwingt. Dies allerdings unter einer weiteren Akzentverschiebung, die den oben angedeuteten Konflikt zwischen der Propaganda einer neuen Weltanschauung und der Werbung für ein neues Lebensgefühl teils bewußt verschleiert, teils aber auch vorantreibt. In Zentrum dieses Konflikts stand die Geschlechterfrage, das Selbstverständnis der (bürgerlichen) Frauen in der Weimarer Republik. Während in der Vorkriegszeit, d.h. in der sogenannten „kosmisch-revolutionären“ Phase des deutschen Expressionismus (die einige der später führenden Vertreter des Neuen Bauens wie Bruno Taut oder Heinz Poelzig entscheidend inspiriert hatte), vor allem vom „neuen Menschen“ die Rede war, rückte in bezug auf den häuslichen und familiären Raum die Frage nach dem Platz der „neuen Frau“ in den Vordergrund.

Der Expressionismus verstand unter dem neuen Menschen einen Idealtyp, der sich nicht nach einer geschlechtsspezifischen Interessenlage ausdifferenzierte. Auch in der kommunistischen Bewegung hatten der Klassenkampf und das proletarische Subjekt der Weltgeschichte Vorrang vor den jeweiligen Belangen der Frauen oder Männer. Die sich hieran anschließenden, aus der Jugendbewegung abgeleiteten sowie vom Bauhaus und anderen Kreisen inspirierten Reformbestrebungen der geistigen Erneuerung und der Körperkultur glaubten ebenfalls nicht an eine Geschlechtertrennung, obwohl sie aktiv das Programm der Schaffung einer neuen Gattung „Mensch“ verfolgten. Da es darum ging, alle sozialen Gegebenheiten umzustürzen und die Grundbedingungen des Lebens neu zu regeln, schien es wenig sinnvoll, hier zwischen Mann und Frau zu unter-scheiden. Zu befürchten sei – so jedenfalls das Argument Johannes Ittens, eines der prominentesten Vertreter des Dessauer Bauhauses –, daß die Verhandlung von Geschlechterdifferenzen dazu führen würde, in den alten Vorstellungen befangen zu bleiben. Dabei erübrigt es sich fast, daran zu erinnern, daß es sich bei den Architekten und Planern fast ausschließlich um Männer handelte und daß man auch am Bauhaus eine recht konventionelle Arbeitsteilung in bezug auf Studenten und Lehrfächer betrieb. Frauen wurde z.B. eine größere Veranlagung im Hinblick auf „zweidimensionales Denken“ (Malerei, Weben, Druck) zuerkannt als in Bezug auf die „dreidimensionalen Aufgabenstellungen“ (wie z.B. Architektur), wobei die Frage offen blieb, wie Skulptur und Töpferei einzuordnen seien.

Wenn also kaum ein Konzept der neuen Frau mit einer geschlechtsspezifischen Identität zu erkennen war, so gab es doch eine emphatisch zur Kenntnis genommene neue Rolle der Frau in den neuen Wohnungsbauplänen. Diese Rolle bestand vor allem darin, den Haushalt zu „modernisieren“. Auch hier schienen die Vorstellungen wieder in den eher traditionellen Definitionen und Erwartungen verhaftet zu bleiben: Der Platz der Frau war zu Hause, und ihre Aufgabe war es, ihren Mann zu versorgen sowie die gemeinsamen Kinder zu ernähren und zu erziehen. Ein Aspekt war jedoch neu in den Überlegungen der Architekten und Planer. Die Frau mußte lernen, ihre Aufgaben effizienter zu organisieren und zweckgerichteter auszuführen. Genau hier konnten und sollten Technik, Rationalisierung und moderne Theorien der Betriebsführung den entscheidenden Unterschied machen, so daß die Frage akut wurde, wie man die Frau für die teils utopischen und revolutionären, teils technologistischen und marktkonformen Ambitionen des Neuen Wohnens gewinnen könnte?

Die Frau als Schöpferin

Eine informatives Nachschlagewerk zum Diskurs dieser Selbstbesinnung der Architekten über die noch zu leistende Überzeugungsarbeit bezüglich der Frau im Prozeß der gesteigerten Effizienz und Praxis neuer Sachlichkeit ist das von dem bekannten Berliner Architekten Bruno Taut herausgegebene Buch Die Neue Wohnung: Die Frau als Schöpferin. Einfühlsam reagiert Taut hier auf die Verknappung an Hausmädchen und Tageshilfen, ein vieldiskutiertes Thema in bürgerlichen Kreisen, seitdem junge Frauen, selbst die vom Land, es vorzogen, in Fabriken statt in den Haushalten des Mittelstands zu arbeiten. Um die Hausfrau unabhängiger von diesem unsicheren Arbeitsmarkt zu machen, stellt Taut deshalb eine Liste von dos and don’ts auf. Neben viel brauchbarem Material hinsichtlich der sozialen und hygienischen Nachteile von eng eingepferchten Wohnsituationen in Mietshäusern findet man bei Taut auch Erläuterungen von Stil und Geschmacksfragen der zukünftigen Lebensform. Er diskutiert Grundlagen der modernen Ästhetik und bietet Rezepte an gegen den schlechten Geschmack im traditionellen bürgerlichen Heim. Wenn die neue Frau kreativ sein will – eine Schöpferin also –, sollte sie beispielsweise den Kleinkram und Nippes in den Regalen loswerden: Er sammelt nur Staub. Die von Tanten und Großeltern geerbten, sperrigen Möbel müssen ebenfalls verschwinden: Sie vergeuden nur Platz. Auch gerahmte Bilder der eigenen Kinder oder Photos lebender Verwandtschaft sind nicht aufs Kaminsims zu stellen: Sie lassen das Heim sentimental erscheinen. Wenn schon Photos, dann bitte nur von verstorbenen Eltern. Tauts Regeln haben eine grundsätzliche Seite: Die Frau muß lernen, ihren „Gefühlsballast“ abzuwerfen, der ihr anerzogen wurde und an den sie sich gewöhnt hat. „Wenn aus einer Wohnung nach strengster und rücksichtslosester Auswahl alles, aber auch alles, was nicht direkt zum Leben notwendig ist, herausfliegt, so wird nicht bloß Ihre Arbeit erleichtert, sondern es stellt sich von selbst eine neue Schönheit ein“11, so sein Appell in einem Vortrag vor Vertreterinnen der Hausfrauen. Taut wandte sich an Frauen, weil er wußte, wie sehr der Planer sie als Verbündete benötigte: Sie mußten dazu gebracht werden, das Neue Bauen, die neue Architektur und das neue Heim sich nicht nur vorzustellen, sondern aktiv herbeizuwünschen. Dazu bekannte sich Taut in einem weiteren Vortrag vor Kollegen:

Welchen eminenten Einfluß die Sinnesänderung der Frau in dieser Richtung auf das gesamte Ergehen des Volkes ausübt, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden; denn um überhaupt erst bessere Wohnhäuser bauen zu können, muß die Frau sie mit allem Nachdruck verlangen.12

Wirft man einen Blick auf die Forderungen der mehr oder weniger gleichzeitig sich konstituierenden Frauenbewegung, werden Unterschiede und Ähnlichkeiten zu den Modernisierungsambitionen der Stadtplaner und Wohnungsarchitekten deutlich. So stand auf der Liste der Forderungen der Frauen vor dem Krieg das allgemeine Wahlrecht, das in Deutschland mit der Weimarer Regierung im November 1918 eingeführt wurde. Nach dem Krieg ging es vor allem um das Abtreibungsrecht (der Kampf um § 218), für das während der gesamten zwanziger Jahre gestritten wurde. Daneben wollten Frauenverbände eine adäquate Gesundheits- und Hygieneversorgung für die Kinder und soziale Unterstützung für Mütter mit großen Familien. Jedoch kann man in der deutschen Frauenbewegung dort eine eher ambivalente Position ausmachen, wo es darum ging, Frauen darin zu bestärken, sich um einen eigenen Arbeitsplatz zu bemühen, auch auf die Gefahr hin, den Rückhalt des eigenen Heims als Statusbasis der Frau zu verlieren.13

Frauen in der Weimarer Republik wurden über die Massenmedien aber auch mit anderen „Modernisierungsängsten“ konfrontiert. Der Geschlechter-Emanzipation, so hieß es, folge die Gefahr der „Maskulinisierung“ der Frau (Diskussionen dieser Art finden sich in Zeitschriften wie Die Dame), und auch ihre ambivalente Haltung gegenüber weiblicher Androgynität (und gleichgeschlechtlicher Liebe) wurde zum Dauerthema der Medien. Eng damit verbunden war die ebenso breit diskutierte Angst vor der „Amerikanisierung“ der Frau, d.h. vor dem Einfluß des Kinos und der Werbung auf weibliche Rollenmodelle. Generell erscheint in Deutschland die angeblich größere Mobilität der amerikanischen Frauen zwischen Heim und Arbeit als eine Errungenschaft, die ebensoviel Anlaß zu Neid wie zu Befürchtungen gab.14 Bekannt sind die Diskussionen um die sogenannte „Girl-Kultur“, deren Reglementierung des weiblichen Körpers als entmenschlichend und entwürdigend angesehen wurde, die anderseits aber auch eine Vorstellung von der gleichberechtigten Frau vermittelte, insbesondere was den Ausdruck bzw. das Zur-Schau-Stellen der eigenen Sexualität betraf.15 Schließlich gehörten zu dieser Diskussion auch die neuen Modetrends: Louise Brooks’ Bubikopf-Haarschnitt, der sogenannte „Brooks Bob“, kurze Röcke, der Vamp- und Flapper-Look. Beispielsweise wurde bereits bei August Behne das moderne Flachdach mit dem schlanker werdenden Frauenkörper und seiner Befreiung aus dem Korsett der Großmutter verglichen.

Die Küche als Labor und Katalysator der Moderne

Inwieweit diese Art der Modernisierung dem entsprach, was sich Das Neue Bauen zum Ziel gesetzt hatte, ist oft gerade im Zusammenhang mit dem Bereich diskutiert worden, der im traditionellen Heim die eigentlich weibliche Domäne ausmacht: die Küche. Auf sie konzentrierten sich die Ziele der Planer ebenso wie die Bestrebungen innerhalb der oft konservativ geführten Frauenverbände. Für Taut wie auch für May war die Küche Labor der größeren Effizienz in der Wohnung wie im Familienleben allgemein. Architektur und Design sollten die Frau in das Reich der Technik einführen: Haushaltsgeräte wie Staubsauger, Waschtrommel, elektrisch betriebene Mangel, Gasherd und Durchlauferhitzer wurden für den gehobenen Mittelstand Teil eines selbstverständlichen Wohnkomforts. In einem kurzen Film, in dem Ernst May seine eigene Villa in Frankfurt-Ginnheim vorstellt, spielt ein von einer weißbeschürzten Wirtschafterin bedienter Universal Küchen-Motor eine unverhältnismäßig prominente Rolle.16 In Mays Zeitschrift DNF vermitteln moderne Zweckmöbel wie der Marcel Breuer-Stuhl, Ausziehtische, Einbauschränke und Klappbetten das von Taut prognostizierte neue Schönheitsgefühl. So wie eine ausgeklügelte Raumaufteilung die Baupläne und Modularisierung der Bauelemente, die Struktur und das Äußere des Flachbau-Wohnungstyps in der Siedlung bestimmten, so sollten Rationalisierung und Effizienz auch ins Innere der Wohnung vordringen, und zwar in einer Weise, daß die Hausfrau deren Vorteile nicht nur zu schätzen wußte, sondern deren Mehrwert aktiv mitproduzierte.

Die Planung effizienterer Küchen war eines der meistdiskutierten Themen der deutschen Frauenbewegung nach dem Ersten Weltkrieg. Oft waren die Debatten in höchstem Maß ideologisch aufgeladen, bedenkt man, wie stark die Küche im Spannungsfeld zwischen traditionellem Ort geschlechtsspezifischer Rollenverteilung und familiärer Werte einerseits und der ihr zugewiesenen Rolle als Testbereich für die Anwendung neuer Technologien andererseits Stand. So überrascht es auch nicht, daß die sozialdemokratische Regierung die Emanzipationsdiskussion in feste Bahnen zu lenken versuchte und eine gezielte Politik der „Professionalisierung der Hausfrau“ verfolgte. Elisabeth Lüders und Erna Meyer waren die vielleicht bekanntesten Vertreterinnen dieser durchaus „progressiv“ sich verstehenden Sozialdemokratie, die unter Parolen wie „Der Architekt denkt, die Hausfrau lenkt“ oder „Erst die Küche, dann die Fassade“ Prioritäten zu setzen wußten.17

Auch hier kam im Vermittlungsprozeß die zentrale Inspirationsquelle aus den USA: Christine Fredericks 1919 erschienenes Buch Household Engineering: Scientific Management in the Home – schon 1922 unter dem Titel Die rationelle Haushaltsführung von Irene Witte ins Deutsche übersetzt18 – wurde selbst zum „household name“. Frederick initiierte damit auch die Popularisierung des häuslichen Fordismus in den USA, den Frank B. Gilbreth und seine Frau Lillian ebenfalls in den 20er Jahren praktizierten (siehe Gilbreths Primer of Scientific Management) und der in den 40er Jahren durch die Bücher ihrer Kinder (u.a. Cheaper by the Dozen, 1949) weltberühmt wurde. Die kühne Entscheidung der Autorin, die Hausarbeit den Prinzipien der Taylorisierung und Henry Fords automatisierten Produktionsmethoden zu unterwerfen, dank ausführlicher Zeit- und Bewegungsstudien und unter Berücksichtigung ergonomischen Designs in allen Bereichen der Essensbereitung und des Essens selbst, machten Die rationelle Haushaltsführung zur Bibel der reformbewußten Strömungen der Frauenbewegung in Deutschland, deren Ziele sich in dieser Hinsicht mit denen der Architekten und Planer deckten.

Frederick selbst hatte sich bei ihren Studien vom Design der Küchen transatlantischer Ozeandampfer inspirieren lassen, die wiederum selbst zu Ikonen der Moderne auch in der Gestaltung zahlloser Wohngebäude der 1920er Jahre wurden, so z.B. bei J.P. Oud in Rotterdam. Da die Küchen auf diesen ocean liners vor allem platzsparend und gegen Erschütterungen gefeit sein mußten – wie auch schon bei den Kleinküchen der Pullman-Speisewagen in Zugrestaurants –, ergaben sich klare Prinzipien der Raumgestaltung und des Einbaus, welche dann, im Kielwasser der allgemeinen Begeisterung für Geschwindigkeit, Stromlinienform und Tempo, aber auch aus ganz konkreten finanziellen Überlegungen in die Klein- und Kleinsthäuser des Neuen Bauens importiert wurden.

Die Frankfurter Küche

Das weltweit zweifellos bekannteste Beispiel ist die sogenannte Frankfurter Küche, entworfen von der österreichischen Architektin Grete Schütte-Lihotsky. 1897 in Wien geboren, wirkte sie ab 1920 als Mitarbeiterin von Adolf Loos in der Wiener Siedlungsbewegung. Schon ein Jahr nach Mays Amtsantritt wurde sie 1926 ans Hochbauamt der Stadt Frankfurt berufen, wo sie sich insbesondere in den Jahren 1927/28 mit der Entwicklung von Siedlungsküchen beschäftigte.19 1930 ging sie mit der Gruppe von Ernst May (genannt „May-Brigade“) in die Sowjetunion, wo sie Arbeitersiedlungen und Kindergärten plante. Nach ihrer Rückkehr aus Moskau 1932 war sie erneut an der Entwicklung einer Wiener Werkbundsiedlung beteiligt. Dem „Anschluß“ widersetzte sie sich, indem sie, wie viele andere deutschsprachige Architekten, in die Türkei emigrierte, wo sie 1938 eine Berufung an die Akademie der Schönen Künste in Istanbul annahm.20 Die „Frankfurter Küche“ war nur eines der im Zuge des Neuen Bauens entwickelten Küchenkonzepte. J.P. Oud, Erna Meyer, Bruno Taut, Hugo Häring Ludwig Hilberseimer, Ferdinand Kramer legten in den 20er Jahren ebenfalls Entwürfe vor, von denen nicht wenige zur Ausführung gelangten. Warum also der so durchschlagende Erfolg gerade dieses Designs? Eine Antwort wäre zunächst die Assoziation mit dem Markenzeichen „Frankfurt“. Als die erste seriell hergestellte Einbauküche entstand Schütte-Lihotskys Entwurf 1927/28 in enger Verbindung mit Mays reformerischem Bauprogramm. Sie ging auf der Frankfurter Industriemesse von 1927 in Premiere (wobei sie der gleichzeitig stattfindenden Werkbund-Ausstellung in Stuttgart-Weißenhof Konkurrenz machen sollte) und hatte auch in der von May organisierten CIAM-Ausstellung von 1929, „Die Wohnung für das Existenzminimum“, einen prominenten Platz. Gedacht für Arbeiterfamilien mit bis zu drei Kindern, war sie im Basismodell nur sechseinhalb Quadratmeter groß (3,44m x 1,87m) und konnte im Herstellungspreis auf nur 3% der „reinen“ Baukosten für eine 41qm große Dreiraumwohnung kalkuliert werden.21 Zwischen 1928 und 1930 wurde sie in rund 10.000 Wohnungen der Sozialsiedlungen in Frankfurt-Römerstadt und Frankfurt-Praunheim eingebaut. Obwohl das nationale und internationale Fachinteresse schon damals groß war, existiert sie in ihrer ursprünglichen Form nur in Frankfurt. Aufträge für weitere serielle Produktionen zum Export nach Frankreich sollen eingegangen sein, wurden aber angeblich auf Grund von Devisenproblemen nicht realisiert.

Was dagegen sehr wohl realisiert wurde, ist eine Filmstudie, vermutlich 1927 gedreht, mit dem Titel Die Frankfurter Küche. Obwohl der nur 8-minütige Film, Modul-Beitrag einer als mehrteilig geplanten Serie „Neues Bauen in Frankfurt/M.“, auf den ersten Blick nicht viel anderes zu bieten hat als das, was von Industrie- und Werbefilmen dieser Zeit gefordert wurde, nämlich eine Art „Gebrauchsanweisung“ zu liefern, unterscheidet er sich doch vom Rezept für einen Kulturfilm, wie ihn z.B. Käthe Tonndorf für ein neues Genre des hauswirtschaftlichen Films vorgeschlagen hatte: „Eine mit guten modernen Apparaten ausgerüstete Küche, darin eine hübsche, sicher hantierende junge Frau, unter deren geschickten Händen – die etwa in mehrfacher Großaufnahme zu zeigen sind – ein delikates Gericht entsteht: ist das nicht auch für Manner zu ertragen?“22 Die Frankfurter Küche. gleicht dagegen eher einem Industriefilm, in dem ein Produkt beworben oder eine neue Fertigungsmethode demonstriert wird. Allerdings wird hier auf eine Weise, die wiederum typisch ist für fast alle um diese Zeit zu Reformthemen gemachten Lehr- und Propagandafilme, ein Kontrastprogramm inszeniert. Das von der Werbung immer noch für Waschpulver- und Schlankheitsmittel bevorzugte „Vorher/Nachher“-Prinzip kommt zum Einsatz, und die schlechte alte Zeit wird der guten neuen gegenübergestellt. Wir sehen, wie mühsam und zeitraubend es war, in der traditionellen Küche Feuer zu machen, wie viel Schmutz und Staub es jedes Mal wegzuwischen galt, wie gefährlich es war, in der Küche Feuerholz zu spalten. Ganz anders in der Frankfurter Küche, wo die Hausfrau alle modernen Gerätschaften leicht bedienen kann und auf einem verstellbaren Hocker sitzt. Von dem aus legt sie den Küchenabfall bequem neben sich in eine offene Schublade, die dann direkt in den gemeinsamen Müllschacht entleert wird. Dabei sorgt die verschiebbare Deckenbeleuchtung für optimales Licht über dem jeweiligen Arbeitsplatz, und das Bügelbrett ist nach Gebrauch wegzuklappen. Der Reihe nach werden so alle technischen Errungenschaften der Frankfurter Küche vorgeführt, wie bei einer Musterschau. Zu Beginn ist der Plan aus der Obenansicht zu sehen, die Schiebetür zum Wohnraum wird gezeigt, bis dann am Ende die Länge der Wege in der alten und in der neuen Küche per Trick-Animation eingezeichnet werden, um so die Einsparungen mit Meter-Zahlen belegen zu können. In den gestellten Szenen ist man der Hausfrau auf Augenhöhe gegenüber. Man sieht genau, wie sie den Kohl säubert oder ein Tischtuch bügelt. Daß es sich um eine wirklich gebaute Küche handelt und keine im Studio oder auf einem Messegelände auf. gestellte Attrappe, ergibt sich aus den starren – sparsam aber optimal ausgewählten – Kamera-Einstellungen und der (vermutlich durch die engen Räumlichkeiten bedingten) primitiven Lichtsetzung.

Um allerdings zu verstehen, wie es dazu kam, daß eine Filmkamera in der Frankfurter Küche Einzug hielt, muß hier kurz auf einen weiteren Komplex eingegangen werden, der uns zurückbringt zum Thema der Mediatisierung des privaten Raums im Zuge der Lebens-Reform und Technologie-Besessenheit der klassischen Moderne. Vor allem geht es um Ernst Mays Medienkonzept, das insofern als avantgardistisch bezeichnet werden kann, als es gerade der gängigen Vorstellung von der filmischen Avantgarde, als experimentierfreudig und unter dem Bann der sowjetischen Montagefilme stehend, entgegenläuft, wenn man bedenkt, wie betont „konventionell“ sich Die Frankfurter Küche gibt – wie übrigens auch der zweite Film der Reihe, Die Frankfurter Kleinstwohnung.

„Das Neue Frankfurt“: Markenzeichen einer Medienavantgarde

Das traditionelle Avantgardekonzept von Architektur und Film kann hier nur kurz skizziert werden. Seit dem berühmten Treffen der Architekten des modernen Bauens auf dem Schweizer Schloß La Sarraz im Jahre 1928 (das zur Gründung des CIAM führte) und dem im darauf folgenden Jahr am selben Ort unter derselben Schirmherrschaft stattfinden Kongreß der unabhängigen Filmemacher (dem CICIM, d.h. Congrès International des Cinéastes Indépendents Modernes) gilt es als ausgemacht, daß die Ziele der europäischen Architektenavantgarde und der Filmavantgarde mehr oder weniger identisch waren. Persönliche Freundschaften und eine weitreichende internationale Vernetzung unter den Mitgliedern der jeweiligen (nationalen) Gruppen verstärken den Eindruck. In den Hintergrund tritt dabei häufig, daß es sich letztlich um unterschiedliche Entwicklungen des Avantgarde-Selbstverständnisses handelte. Während die Filmavantgarde sich politisch bald zwischen einem linken (Hans Richter, Sergej Eisenstein) und einem rechten Flügel (dem futurismo nahe-stehende Filmemacher und Kritiker aus Italien und Spanien) polarisierte, in ihrer Ablehnung gegenüber der Filmindustrie jedoch eine geschlossene Front bildete, waren sich die Architekten eher darin einig, daß die Avantgarde sehr wohl mit der Industrie, vor allem dem Bauwesen und der Materialtechnik zusammenarbeiten mußte. Ebenfalls wenig strittig war dabei, daß formale Abstraktion und funktionale Ästhetik ihre soziale Komponente nicht verleugnen dürfen.23

Auch was die notwendige Auseinandersetzung der Avantgarde mit der Massengesellschaft und dem urbanen Leben anging, trafen die Architekten sich in der Überzeugung, daß nur eine auf die arbeitende Bevölkerung ausgerichtete Architektur für die dringend anstehenden Probleme adäquate Lösungen habe. Im Gegensatz dazu bestand die filmische Avantgarde auf ihrer „Unabhängigkeit“ von jeglichem Auftraggeber: „unabhängig von dem zweifelhaften Geschmack der Menge und der wirtschaftlichen Diktatur der Mode wollen wir jenen Film, der […] im bewegten Bild das festhält, was der inneren Vision des eigentlichen Künstlers entspricht.“24 Dieses Pochen auf individuelles Künstlertum und die Abkehr vom Massenpublikum standen den pragmatischen, um nicht zu sagen kompromißbereiten Vorgehensweisen gegenüber, mit denen die Architekten des Neuen Bauens ihre Ziele zu realisieren suchten, wobei sie sich dennoch als Avantgarde sowohl innerhalb ihrer Zunft als auch gegenüber der Gesellschaft verstanden.

Dies trifft in besonderem Maße auf das Frankfurter Beispiel zu, das die einzige größere Initiative des Neuen Bauens darstellt, die tatsächlich filmisch vergegenwärtigt ist. Obwohl es so aussehen mag, als konzentriere sich der Film Die Frankfurter Küche auf ein bestimmtes Bauprojekt, gehört er – wie angedeutet – in eine Reihe von Filmen, bei denen es weder um eine Einzelinitiative noch um einen bestimmten Filmautor geht, sondern ebenso sehr um das Lancieren eines Lebenskonzepts, einer Stadt und ihrer als einzigartig verstandenen Initiative als Markenzeichen.25 Das Neue Frankfurt war nicht nur Teil des internationalen Netzwerks der CIAM und stand in engem Kontakt mit Städten des Neuen Bauens wie Rotterdam, Stuttgart, Berlin, Breslau, Brünn, Wien, Basel und Zürich. Es stand auch für eine besondere Art von Öffentlichkeit und Medienoffensive, wie sie eigentlich nur noch im „Bauhaus“ eine Parallele hat. Dabei mußte das Neue Bauen in Frankfurt sich in weltanschaulicher ebenso wie in architektonischer Hinsicht gegen Anfeindungen verteidigen, was bedeutete, daß eine spezielle Öffentlichkeitsarbeit notwendig war, um Mays Ziele durchzusetzen und seine Vision einem breiteren (Laien-)Publikum wirksam zugänglich zu machen.26 Dieser Umstand, bei dem medienspezifische Erwägungen neben die politischen und ästhetischen traten, die sich immer auch an konkreten Gegebenheiten und Widerständen reiben mußten, kann die formalen und inhaltlichen Merkmale der uns erhaltenen Filme besser erklären als ein Rückgriff auf die Avantgarde-Praxis eines Hans Richter, Joris Ivens oder selbst Walter Ruttmann.27

Das Avantgarde-Konzept, das bei May zumindest in Ansätzen Gestalt gewann, war demnach kein „absolutes“. So ging es weder um die Selbstverwirklichung eines Individuums mit unverwechselbarer Handschrift noch um ein formales Dogma. Mays Öffentlichkeitsarbeit war multi-medial (Wort, Schrift, Bild und Gebrauchsgegenstand gehörten in gleichen Teilen zur Medienpraxis des Neuen Frankfurt), multi-funktional (Inhalte wurden im Verbund bearbeitet) und multi-dimensional (sie erreichte verschiedene Zielgruppen).28 Auch setzte May sich in einer bis dahin ungekannt direkten Weise mit der Massengesellschaft und ihren Folgen positiv auseinander. Ebenfalls im Unterschied zu vielen seiner Kollegen aus den bildenden Künsten und auch dem Film war May nicht gegen die Industrie, sondern suchte sie als Partner, war er doch für seine Bauvorhaben auf Spitzentechnologie angewiesen und deshalb auch zu politischen Kompromissen bereit, selbst mit dem kapitalistischen „Gegner“. Für jemanden, der als Bolschewist galt, erschien sein Wirtschaftskonzept fast klassisch liberal: Er bevorzugte eine Mischfinanzierung (kommunale und privatwirtschaftliche Beteiligung) der Bauprojekte und paßte sich den politischen Gegebenheiten einer sozialdemokratischen Koalition in der Stadtverwaltung an. So hatte Mays Begriff der Avantgarde wohl eine taktische wie auch eine strategische Komponente: Er handelte taktisch, indem er Verbündete suchte, wo er sie finden konnte; und strategisch, insofern er langfristig an einer Veränderung der Lebensweise und an einem Wandel der Öffentlichkeit arbeitete, wobei die bürgerlichen Medien, wie z.B. eine anspruchsvolle Zeitschrift und sorgfältig edierte Bücher, ebenso eine Rolle spielten wie die modernen technischen Medien der Photographie, der Typographie und des Designs.

Der Lehrfilm als taktische Avantgarde?

Dabei spielte nun paradoxerweise der Film nicht die Leitmedienfunktion, die wir ihm heute zuerkennen oder stillschweigend voraussetzen. Dies hatte mehrere Gründe, unter denen der des Mißtrauens, das selbst der Moderne verpflichtete Architekten traditionellerweise dem bewegten Bild entgegenbrachten, vielleicht nicht der wichtigste war, aber dennoch eine Rolle spielte. Gravierender dürfte ins Gewicht gefallen sein, daß der „unabhängig“ produzierte Kultur- oder Lehrfilm um 1927/28 fast keine Chancen mehr hatte, in die Kinos zu kommen, da die Ufa mit einigen ihr angeschlossenen Firmen diesen Markt vollkommen beherrschte. Damit wiederum war Film ein zu teueres Medium für den Aufmerksamkeitswert, den ein nur in Sonderschauen oder Privatvorstellungen vorgeführter Streifen erzielen konnte. Deshalb richtete sich Die Frankfurter Küche wohl in erster Linie an ein Messe- oder Tagungspublikum von Baufachleuten und nicht an die breite Öffentlichkeit oder an den mit der künstlerischen Avantgarde vertrauten Filmclub-Zuschauer. Diesem Zielpublikum wiederum kommt das Format des Industrie- und Werbefilms wesentlich mehr entgegen als ein sich bewußt avantgardistisch gebender Film von der Hand eines Walter Ruttmann, Joris Ivens oder Hans Richter. Gerade das Anonyme und Sachliche besticht an der Die Frankfurter Küche und verweist auf Mays differenziert gehandhabte Medienarbeit – wobei jedoch seine anderen komplementär eingesetzten Medienoffensiven stets mitgedacht werden müssen.29

Dennoch gibt der kurze Film recht vielsagende Aufschlüsse, wenn man ihn im Hinblick auf diese ihm eingeschriebenen Selbstbeschränkungen betrachtet. So lassen sich z.B. die oben erwähnten, oft heftig geführten Debatten über Frauenbewegung und zeitgemäße Haushaltsführung ziemlich genau wiederfinden, wie auch mehrere der in diesem Zusammenhang immer wieder angemerkten Widersprüche, die der Idee des Industriedesign in der privaten Lebenssphäre innewohnen, angesprochen werden. Auch die Frage, wie wünschenswert das Fabrik-Ethos der Arbeitsteilung in der Küche sein kann, stellt sich dem Betrachter und ruft noch einmal die ganze Ambivalenz ins Gedächtnis, die die Haltung der Hausfrauen zu ihrem Selbstverständnis als „berufstätig“ kennzeichnete.30 Sieht man sich Die Frankfurter Küche daraufhin an, so wird deutlich, daß auch die hier gezeigte Frau nicht im eigentlichen Sinn berufstätig ist, sondern ihren Haushalt zum Beruf hat. Mehr noch: sie hat ihren Haushalt zu einem industriellen Arbeitsplatz gemacht. Der doppelte Blick der Kamera auf Augenhöhe und auf den isometrischen Plan von oben entpuppt sich als ein Überwachungsregime: Hier wird eine Versuchsperson am selbst bestellten Fließband beobachtet, und ihre Handlungsabläufe unterliegen dem Gesetz der time-and-motion Studien eines Frederick W. Taylor oder Frank Gilbreth. Zwar bleibt die Stoppuhr außerhalb des Bildkaders, aber die so effizienten Bewegungen am Bügelbrett oder an der Spüle zeugen von dem unsichtbaren Druck, den moderne Fabrikarbeit auf die Akkordarbeiterin ausübt. Dabei ist die Hausfrau in gewisser Weise noch übler dran als ihre Kollegin in der Fabrik. Dort gibt es neben Arbeitsteilung und dem Kollektiv der Mitarbeiterinnen auch den Lohn und damit ein Element der wirtschaftlichen Selbstbestimmung. Die Hausfrau aber ist allein, muß die so sorgfältig aufgeteilten Handgriffe alle selbst ausführen und ist vollkommen vom Mann als alleinigem Brotverdiener abhängig. Kein Wunder, daß viele junge Frauen die Fabrik dem bürgerlichen Haushalt vorzogen und so die Krise mitprovozierten, die Erfindungen wie die Frankfurter Küche gewissermaßen notwendig werden ließen.

Erwerbslose kochen für Erwerbslose

Man gelangt also bei Filmen wie Die Frankfurter Küche zu einem auf den ersten Blick widersprüchlichen Fazit. Einerseits enthält dieser Film bautechnisch und sozialgeschichtlich aufschlussreiches Bildmaterial, das Einblick gibt in die ideellen, radikal avantgardistischen Prinzipien des Neuen Bauens. Direkt und indirekt werden auch viele der Widerstände, Paradoxien und Mißverständnisse, auf die dessen Zielsetzungen trafen, in den Bildern und deren argumentativen Strukturen angesprochen. Anderseits finden sich in dem Film, von seiner Form und Ästhetik her betrachtet, wenige Spuren der zur selben Zeit – auch im Umkreis des Neuen Frankfurts – geführten Diskussionen über den absoluten Film im Sinne Hans Richters, über den unabhängigen Film im Sinne der CICIM oder über den dokumentarischen Film im Sinne John Griersons.31 Selbst Anklänge an Walter Ruttmann oder Joris Ivens’ poetische Stimmungsfilme sind kaum zu finden, ganz zu schweigen von der Praxis des revolutionären Agitationsfilms russischer Avantgarde-Provenienz. Im Gegenteil: Form und Ästhetik sind einem ganz anderen Genre verpflichtet.

Die Frankfurter Filme machen somit eben nicht Propaganda für die neue Filmform und die künstlerische Avantgarde, sondern vor allem für die Technik (der Städteplanung), die Technologie (der modernen „Wohnmaschine“) und die Industrie (des Bauwesens, der städtischen Infrastruktur und der großindustriellen Energieversorgung der Bevölkerung – in diesem Falle der Elektrifizierung des Haushalts und der Küche). Als Lieferant von Anschauungsmaterial in der öffentlichen Diskussion, in verschiedenen Foren und Gremien, war jeder Film kein autonomes Werk, sondern ein entweder auf den Dialog hin angelegtes „Halbfabrikat“ oder der Modularbaustein einer Serie; und deshalb auch weniger auf den Autor als Künstler zentriert, sondern bewußt anonym gehalten. Wo die Filme parteiisch sind, werben sie nicht für eine ästhetische Richtung, sondern für die Marke Das Neue Frankfurt, die wiederum nicht nur ein Qualitätsprodukt der Normierung und Standardisierung, sondern vor allem eine Ideen-Schmiede war, wie in Parolen wie „Licht, Luft und Sonne“ oder „Die Wohnung für das Existenzminimum“ auch zum Ausdruck kam. Man kann also annehmen, daß Filme wie Die Frankfurter Küche eine gewisse formale Transparenz anstrebten, was praktisch bedeutete, daß sie die dominante Form des infrage kommenden Genres wiedergaben bzw. es sogar gezielt vorgaben: nicht zuletzt, um ein skeptisches Publikum zu überzeugen. Diese Form war die des Lehr, Werbe- und Industriefilms und nicht des Dokumentar- oder Avantgardefilms.

So sind die Frankfurter Filme ein durchaus konsequenter Bestandteil des Mayschen Medienkonzepts, das – als Ganzes innovativ und radikal – sehr wohl den Titel „Avantgarde“ verdient, selbst wenn es das Kino nicht zentral setzte, sondern die konzipierte Filmreihe wiederum als Teilelemente in eine Gesamtstrategie einbezog, die versuchte, den Komplex Medienöffentlichkeit, also einen publiken Raum zwischen Diskussion und Dokumentation, Promotion und Intervention, neu, d.h. mit allen zur Verfügung stehenden Medien, zu bearbeiten.

Den oben angedeuteten neuen Anspruch des neuen Dokumentarfilms wollte dagegen ein anderer Film auf symptomatisch-widersprüchliche Weise wahrmachen, der sich zwar nicht mit der Familienküche, aber doch mit der Nahrungszubereitung befaßt und der ebenfalls im Umkreis des Neuen Frankfurt entstanden ist. Es handelt sich um Erwerbslose kochen für Erwerbslose (D 1932), einen als Werbe- oder Propagandafilm gedrehten Streifen von Ella Bergman-Michel, der zur Spendenaktion für Garküchen in Frankfurt aufruft, bei denen Arbeitslose und ihre Familien mit einer warmen Mahlzeit versorgt werden. Von der Ausbildung her Malerin, war Bergmann-Michel um 1930 beim Bund Neues Frankfurt vor allem organisatorisch tätig und lernte dort Joris Ivens und Dziga Vertov kennen. Ivens hatte sie davon überzeugt, von der Malerei zum Film zu wechseln, sich eine 35mm Kamera zu kaufen und anzufangen, damit Filmreportagen und Auftragsarbeiten zu drehen. Es war dann auch Mart Stam, einer der Architekten um Ernst May, der Bergmann-Michel ihren bekanntesten Auftrag geben sollte: Wo wohnen alte Leute? (D 1932/33), ein Film über das von Stam und Mayer entworfene Henry-und-Emma-Budge-Seniorenheim. Erwerbslose kochen für Erwerbslose gibt Stimmungsbilder im Sinne der Neuen Sachlichkeit wieder und hat wenig vom Prozeß/Progreß-Charakter oder dem Alt/Neu-Schema des Industriefilms. Geworben wird mit „Miliö“-Szenen, genau beobachteten Vignetten des Straßenlebens und einigen gestellten Szenen, deren Künstlichkeit Gelegenheit gibt zu ausgesuchten „poetischen“ Bildkompositionen. Hier manifestiert sich ein Stilwille, eine Handschrift, so daß man den Film noch immer als Ausdruck persönlichen Engagements wahrnehmen kann, obwohl sein Anlaß längst vergangen ist und seine Agitprop Wirkung auch 1930 wohl eher symbolisch gewesen sein mag.

Die Frankfurter Küche: Ikone und Installation der Moderne

Dagegen eröffnet das Neutrale, Unpersönliche und sogar Unintendierte der Frankfurter Küche dem heutigen Betrachter ein wesentlich weiteres Problemfeld der kontextualisierenden Zuordnung, die auch der obige Ansatz einer auf ideologische Textur und historisch-politisches Umfeld hin angelegte Interpretation kaum ausschöpft. Nichtsdestoweniger kann davon ausgegangen werden, daß Die Frankfurter Küche über sein ursprüngliches Zielpublikum auf der Frankfurter Industriemesse und dem CIAM-Kongreß hinaus wenig Verbreitung gefunden hat. Zensurunterlagen lassen sich nicht nachweisen, womit normale öffentliche Vorstellungen nahezu ausgeschlossen werden können. Deshalb stellt sich abschließend einmal mehr die Frage, warum gerade die Frankfurter Küche so weltberühmt werden konnte. Meine These ist, wie schon mehrmals angedeutet, daß sich dieser Ruhm, neben der Person Grete Schütte-Lihotskys, vor allem der Präsenz der Küche an der Schnittstelle widersprüchlicher Diskurse, im Spannungsfeld von hochgesteckter Theorie und improvisierter Praxis, und schließlich ihrer besonderen Art der publizistischen Verbreitung und Medialisierung verdankt. Denn weder ihre Einmaligkeit und chronologische Priorität noch ihre speziellen Vorteile und Vorzüge gegenüber anderen Einbauküchen können diese Resonanz ganz erklären. Im Gegenteil stand ihr medialer Erfolg gewissermaßen in umgekehrt proportionalen Verhältnis zu ihrer Akzeptanz bei den Bewohnern:

Schütte-Lihotzkys Frankfurter Küche wurde in etwa 10.000 Wohnungen in Frankfurt eingebaut und war demzufolge ein Erfolg. Die Kosten für eine voll ausgestattete Küche waren gering (einige hundert Reichsmark); die Kosten wurden auf die Miete übertragen, die sich so um eine Reichsmark per Monat erhöhte. Die Benutzer dieser Küchen hatten aber oft Probleme mit ihnen. Die von Schütte-Lihotzky speziell entworfenen Arbeitsabläufe, für die die Küchen optimiert waren, waren ihnen ungewohnt, so daß sie oft nicht wußten, wie sie die Küchen zu benutzen hatten. Oft wurden sie so so als nicht flexibel genug beschrieben –, die zum lagern entworfenen Behälter wurden oft für anderes genutzt als dem was ihre Schilder vorsahen. Zudem waren diese Behälter zu leicht für Kinder erreichbar. Schütte-Lihotzky hatte diese Küche für einen einzigen Erwachsenen entworfen, Kinder oder ein weiterer Erwachsener waren nicht eingeplant und die Küche war in der Tat zu klein für zwei Personen. Eine Person wurde bereits oft durch offenstehende Schranktüren behindert.32

Diese und andere Klagen lassen sich in den einschlägigen Berichten der Frankfurter Bau-Inspektoren nachlesen, die selbst einige der ausgeklügelten Konstruktionsmerkmale für „mangelhaft“ hielten.33 Denn – und hier war die Frankfurter Küche konsequenter Teil des Mayschen Gesamtkonzepts – in ihrer extremen Funktionalität ging, wie andere Aspekte der Siedlungen in Praunheim, die Lihotsky-Küche an den Wohn- und Lebensbedürfnissen der Mieter vorbei.34 Das Neue Frankfurt war dem Neuen Menschen, und auch der neuen Frau, voraus-geeilt: Es war auch in dieser Hinsicht „Avantgarde“.

Die Kleinstwohnung samt Frankfurter Küche war nur im Kontext einer Neuland-Siedlung realisierbar und dazu bestimmt, einer dringenden Not abzuhelfen. Die Spannung zwischen Bau(konzept) und Wohn(komfort), zwischen dem Architekt als reformbeseeltem Denker-Produzent von Wohnraum und der Hausfrau als dessen wunschgelenkter Konsumentin, ist weder in Ernst Mays Siedlungen noch in Grete Schütte-Lihotskys Küchen gelöst, was die von May in Auftrag gegebenen Filme, insbesondere Die Frankfurter Küche, post festum überzeugend und quasi gegen ihren Willen mitdokumentieren. Damit hat der Film – oder sollte man sagen, die ihm innewohnende Film-Ontologie – sowohl über seinen Zweck als auch über sein historisches Moment gesiegt, indem er dem Kino auch zu einer Zeit, als es kein Leitmedium im öffentlichen Diskurs der Moderne-als-Modernisierung war, eine im Kracauerschen Sinne „errettende“ Realität verlieh. Doch diese Realität richtet sich auch gegen den Film.

Denn warum war und ist die Frankfurter Küche so erfolgreich als Idee und Vorstellung? Sicher, weil sie in ihrer Kompaktheit ein raffiniertes Zusammenspiel von einzeln funktionierenden Teilen und Teilchen zu einem Ganzen darstellt. Das aber heißt auch, daß die Frankfurter Küche erst einmal schön ist, noch ehe sie praktisch ist. Diese Schönheit wiederum gleicht der eines Objekts – irgendwo zwischen den Phantasieobjekten eines Man Ray und den ready-mades eines Marcel Duchamp; auf jeden Fall, so befremdlich es klingen mag, dem Surrealismus fast so verwandt wie der Neuen Sachlichkeit. Und daher verwundert es vielleicht auch nicht, daß die Frankfurter Küche vor allem im Medium der Photographie zu Weltruhm gelang. Als Photo eroberte sie erst die Zeitschriften, dann die Bücher und schließlich die Enzyklopädien. Die subtilen Rhythmen der geschwungenen Griffe stehen im Kontrast zu den rechteckigen Fliesen, auf denen der drehbare Hocker mit seinem Dreifuß die Schwingungen der Griffe wieder aufnimmt. Strenge Geometrie läßt sich auf ein Formenspiel ein, die Kadrierung vermittelt eine dramatische Dynamik, die den Blick gleichsam aufsaugt, beschleunigt und quer zum Fenster hin projiziert. Ein ganz besonderes Raumgefühl entsteht, fast so, als ob es sich um ein trompe l’œil oder Vexierbild handelt.

Dank dieser Photos – auch sie anonym, obwohl immer wieder reproduziert – ist die Frankfurter Küche zum Markenzeichen geworden und als eine der Ikonen der Moderne in die Architekturgeschichte eingegangen. Paradoxerweise sollte sich also gerade an ihr beweisen, wie Recht anscheinend jene Architekten hatten, die dem Medium Film nicht trauten bzw. ihm ihre Bauten nicht anvertrauen wollten. Die bevorzugte „Kamera in der (Frankfurter) Küche“ wäre also die, die den Blick fesselt, lenkt und transportiert, und nicht die, die den Raum belebt, montiert und plastisch werden läßt. Dieser Eindruck wird dadurch bestärkt, daß der Standpunkt der Kamera ein „unmöglicher“ ist, denn wir sehen die Küche nicht von der Tür aus, als würden wir sie betreten, sondern wie eine theatralische Bühne, aus der Perspektive der unsichtbaren vierten Wand. Aber damit ist man fast schon wieder im Kino, zumindest auf einem Filmset, so daß das berühmte Photo einen heute an ein Standphoto aus einem imaginären Spielfilm erinnert; ganz so, als habe ein Hitchcock oder Kubrick sich die Kulissen so bauen lassen.

Und dies bestätigt indirekt, warum der Film Die Frankfurter Küche in der Geschichte der Frankfurter Küche so etwas wie ein „Hohlraum“ bleiben mußte, in der kulturellen „Umwidmung“ zweier Leitmedien, die teils das Kino implizieren und teils mit ihm konkurrieren. Denn wenn die Frankfurter Küche ihren Ruhm als Photo erwarb, so ist sie inzwischen durch ein anderes Medium in die Unsterblichkeit eingegangen: als Installation. Seit nun zwei Jahrzehnten scheint es, als müsse jedes Museum in Deutschland (und Österreich) eine „Frankfurter Küche“ haben. Anfang der 90er Jahre wurde das Mannheimer Technikmuseum eröffnet und prunkte sogleich mit einer Frankfurter Küche. Frankfurt selbst folgte, anschließend das MAK in Wien. Als bis dato letztes, setzte das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg am 18. Dezember 2003 eine Pressenotiz ins Netz, in der es stolz verkündete, daß es nun auch „mit der sogenannten Frankfurter Küche den Prototyp heutiger Einbauküchen in seine Sammlung aufgenommen“ habe. Ein (ein)gebauter Raum wird zum Photo, und das Photo zur Realität, bis zu jenem Zeitpunkt, an dem das Photo, um Realität zu zeigen, wieder (aus)gestellter Raum werden muß.

Notes

1

Beatriz Colomina, “Introduction”, Sexuality and Space, Hg. Beatriz Colomina (New York: Princeton Architectural Press, 1992), o. S. [Alle Übersetzungen, sofern nicht anders angegeben, von den Hg. des Textes.]

2

Zur Geschichte des Neuen Bauens, siehe u.a. Norbert Huse, Neues Bauen 1918 bis 1933. Moderne Architektur in der Weimarer Republik (München: Moos, 1975).

3

Vgl. Günter Uhlig, „Stadtplanung in der Weimarer Republik: Sozialistische Reformaspekte“, Wem gehört die Welt, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Berlin: 1977), S. 50–71.

4

Die Reformer befanden sich nicht nur im linken politischen Spektrum. Neuer Wohnungsbau war um 1926 auch in konservativen Kreisen ein viel zitiertes Allheilmittel: „Wir haben seit 1918 […] im ganzen rund 32 Milliarden RM vertrunken, rund 12 Milliarden RM verraucht; rund ebensoviel in Zuchthäuser und Krankenanstalten gesteckt, um alle die unglücklichen Opfer dieser beiden Laster unterzubringen, im ganzen also 56 Milliarden verjuxt in acht Jahren! – Für dieses Geld hätten wir längst das ganze Wohnungselend – und gleich das ganze Arbeitslosenelend aus der Welt schaffen und unser Volk zu innerer und äußerer Gesundheit zurückführen können.“, zitiert nach Gert Kähler, „Wohnung und Moderne“, Wolkenkuckucksheim, Heft 1, 2. Jg. (Mai 1997).

5

Heinrich Klotz (Hg.), Ernst May und Das Neue Frankfurt 1925–1930, 13. Dez. 1986 bis 15. Febr. 1987, Dt. Architektur-Museum, Frankfurt a.M. (Berlin: Ernst, 1986).

6

Das Neue Frankfurt verabschiedete May mit einer Sondernummer „Deutsche bauen in der UdSSR“; siehe insbes. Joseph Gantner, „Abschied von den Rußlandfahrern“, Das Neue Frankfurt, Heft 9, IV. Jg. (Sept. 1930), S. 197–210.

7

Christian Borngräber, „Ausländische Architekten in der UdSSR: Bruno Taut, Die Brigaden Ernst May, Hannes Mayer und Hans Schmidt“, Wem gehört die Welt, S.109–137.

8

Eckhard Herrel, Ernst May – Architekt und Stadtplaner in Afrika 1934–1953, Schriftenreihe zur Plan- und Modellsammlung d. Dt. Architektur-Museums Frankfurt a.M., Bd. 5 (Tübingen: Verlag Ernst Wasmuth, 2001).

9

Dieser Filmklub wurde von der Photographin und Filmemacherin Ella Bergmann-Michel geleitet. Siehe dazu Paul Seligmann, „Zwei Jahre Filmgruppe Bund ‚Das Neue Frankfurt‘ 1931–33“, Die Neue Stadt [ehem. Das Neue Frankfurt), Heft 10, [VI. Jg.] Jan. 1933), S. 223.

10

Verweise auf Mays Frankfurt fehlen in keinem einschlägigen Werk zu moderner Architektur und modernem Städtebau. Englischsprachige Darstellungen finden sich z.B. in Charles Jenks, Modern Movements in Architecture (London: Penguin Books, 1973), S. 37–40; Kenneth Frampton, Modern Architecture: a Critical History (London: Thames & Hudson, 1992), S. 137–138 u. Peter Hall, Cities of Tomorrow (Oxford: Blackwell, 1996), S. 115–122.

11

Bruno Taut, Die Neue Wohnung: Die Frau als Schöpferin, 2. Aufl. (Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1924), S. 31.

12

Ebd., S. 55 u. 58.

13

„Als Frauen begannen, traditionell männliche Berufe auszuüben, wurden sie weder gleich bezahlt noch gleich behandelt. Eine politische Lösung dieses Problems war nicht in Sicht. Ohne eine ansprechende Alternative mußten Frauen dem Ethos ‚Kinder, Küche, Kirche‘ treu bleiben und sahen die Emanzipation oftmals eher als Bedrohung denn als Segnung.“, Mark Peach, „Der Architekt denkt, die Hausfrau lenkt“, German Studies Review, No. 18 (1995), S. 445.

14

Dazu Renate Bridenthal u. Claudia Koonz, „Beyond Kinder, Küche, Kirche. Weimar Women in Politics and Work“, When Biology became Destiny, Hg. R. Bridenthal u.a. (New York: Monthly Review Press, 1984), S. 33–65.

15

Siehe u.a. Sabine Hake, „Girls and Krisis – the Other Side of Diversion“, New German Critique, No. 40 (Winter 1987), S. 147–166; Patrice Petro, Joyless Streets (Princeton: Princeton University Press, 1989).

16

Der relevante Kontext ist wohl darin zu sehen, daß Mays Römerstadt-Siedlung die erste „voll elektrifizierte“ Siedlung Deutschlands war und auch in diesem Fall sehr viel Öffentlichkeitsarbeit nötig war, um dem Experiment zur Akzeptanz zu verhelfen. Es wurden sogar „Werbedamen“ eingesetzt, die den Hausfrauen die Vorzüge des elektrischen Herds und Durchlauferhitzers demonstrierten. Dazu Gerd Kuhn: „‚Amerika vor den Toren‘, oder die vollelektrifizierten Siedlungen Römerstadt und Praunheim III“, ders., Wohnkultur und kommunale Wohnungspolitik in Frankfurt am Main 1880–1930 (Bonn: Dietz, 1998), S. 168–184.

17

Marie-Elisabeth Lüders, „Erst die Küche – dann die Fassade“, Die Küche der Klein- und Mittelwohnung, Reichsforschungsges. f. Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen: Sonderh. 2 (Berlin: Triasdruck, 1928); Erna Meyer, Der neue Haushalt (Stuttgart: Franckh, 1928); Der gesellschaftspolitische Hintergrund zu diesen Debatten ist ausführlich behandelt in Susan A. Henderson, „A Revolution in the Women’s Sphere: Grete Lihotsky and the Frankfurt Kitchens“, Architecture and Feminism, Hg. D. Coleman u.a. New York: Princeton Architectural Press, 1996), S. 221–253.

18

Christine Frederick, Die rationelle Haushaltführung: betriebswissenschaftliche Studien, Übers. Irene Witte (Berlin: Springer, 1921).

19

Grete Lihotsky hatte für Mays Breslauer Zeitschrift Das schlesische Heim schon 1921 einen Artikel zu kompakten Küchen verfaßt, wo sie sich auf den Mitropa-Speisewagen beruft, in dem auf einer 15-stündigen Fahrt Menüs für bis zu 400 Gäste zubereitet werden konnten.

20

Ab Kriegsbeginn war Schütte-Lihotsky wieder in Wien. Sie schloß sich dem kommunistischen Widerstand an, wurde 1940 verhaftet und bis zu Kriegsende gefangengehalten. Als Antifaschistin hatte sie es im Nachkriegsösterreich nicht leicht und arbeitete nach 1945 auch in Bulgarien. Schütte-Lihotsky starb, im Alter von fast 103 Jahren, 2000 in Wien, nachdem ihr zu ihrem 100. Geburtstag die ihr gebührenden Ehrungen auch von ihrer Heimatstadt zuteil wurden. Zu Schütte-Lihotsky siehe Peter Noever (Hg.), Die Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotsky: die Frankfurter Küche aus der Sammlung des MAK Wien (Berlin: Ernst u. Sohn, 1992).

21

Gerd Kuhn, „Die ‚Frankfurter Küche‘“, Wohnkultur und kommunale Wohnungspolitik, S. 151.

22

Käthe Tonndorf, „Hauswirtschaftliche Filme“, Das Kulturfilmbuch, Hg. E. Beyfuß u. A. Kossowsky (Berlin: Chryselius u. Schulz, 1924), S. 175.

23

„[Die] Einheit [des CIAM bestand] nicht in der Erfüllung eines ästhetischen Dogmas, sondern im Kampf um bessere ökonomische und politische Voraussetzungen für den sozialen Wohnungs- und modernen Städtebau.“, Heinz Hirdina, „Versuch über das Neue Frankfurt“, Neues Bauen, neues Gestalten, Hg. Heinz Hirdina (Dresden: Verlag der Kunst, 1991), S. 32.

24

Zitiert bei Hirdina, ebd.

25

„Ursprünglich war Das Neue Frankfurt Titel einer Zeitschrift. Aber bald nach ihrer Gründung wird der Begriff zum Synonym für funktionales Gestalten im Rahmen einer Kommune zwischen 1925–1930 (Ära Mays). […] Einen ähnlichen Symbolwert bekommt damals der Eigenname Frankfurt ohne das demonstrative ‚neu‘. Im verschwenderischen Umgang mit ‚Frankfurt‘ offenbart sich die werbende Absicht. Es gibt die Frankfurter Normen, die Frankfurter Typen und Typengrundrisse, den Siedlungsofen ‚Frankfurt‘, die Frankfurter Küche, das Frankfurter Register […]. Diese Etikettierung von Planungen, Veranstaltungen, Gegenständen, Normblättern und Projekten hat den Qualitätsanspruch und das Programm der Neuen Frankfurter nicht verwässert, sondern als Zeichen einer erstaunlichen Produktivität gewirkt.“ Ebd., S. 22 f.

26

„Die hellen kubischen Baukörper mit Flachdach und schmalen Fensterbändern wurden als ‚Negerdörfers‘, ‚Affenkäfiger‘ und ‚Maikäferkästen‘ beschimpft.“, Kai Budde, „Funktionelle Gestaltung in Architektur und Design“, Tanz auf dem Vulkan: Normierung II (Mannheim: Landesmuseum für Technik und Arbeit, 1994), S. 10.

27

Zu den in Frankfurt gedrehten Filmen siehe Andres Janser, „Only Film Can Make the New Architecture Intelligible!“, Cinema and Architecture – Meliès, Mallet-Stevens, Multi-Media, Hg. François Penz u. Maureen Thomas (London: BFl, 1997), S. 38; Kristin Vincke, „Kleine Stadt ganz groß: Frankfurt im Dokumentarfilm zwischen 1920 und 1960“, Lebende Bilder einer Stadt: Kino und Film in Frankfurt am Main, Hg. Rudolf Worschech (Frankfurt a.M.: Dt. Filmmuseum, 1995), S. 133–134; ebenso wie Leonardo Ciacci, Progetti di citta sullo schermo. Il cinema degli urbanisti (Venezia: Marsilia Editori, 2001); zu Ruttmanns ambivalenter Position in dieser Auseinandersetzung siehe Thomas Elsaesser u. Malte Hagener, „Walter Ruttmann“, 1929: Beiträge zur Archäologie der Medien, Hg. S. Andriopoulos u. B. Dotzler (Reinbek: Rowohlt 1999), S. 316–349.

28

„Die Entwicklung der Stadt, ihres täglichen Lebens, einschließlich ihrer Kultur, drängen nach Ausdehnung und menschenwürdiger Organisation. Daraus zog Frankfurt bewußt Konsequenzen, die heute als führend für die 20er Jahre erkannt sind. Koordination der Vielzahl städtischer Ämter. Direkte Zusammenarbeit: Stadtplanung, Hochbauamt, Kunstgewerbeschule und freischaffende Architekten. Förderungen schöpferischer Kräfte setzen ein und ergeben eine ausgezeichnete Teamarbeit zugunsten des Gemeinwesens, des Stadtbildes und für alle kulturellen Aufgaben.“, Ella Bergmann-Michel, „Die 20er Jahre in Frankfurt“, Der Egoist, Nr. 10, Hg. Adam Seide (Darmstadt: Melzer, 1966); zu Elle Bergmann-Michel, siehe den Dokumentarfilm Mein Herz schlägt blau: Ella Bergmann-Michel (BRD 1989, Jutta Hercher u. Maria Hemmleb).

29

May hatte sich z.B. auch über das Radio an die Öffentlichkeit gewandt; siehe dazu Kuhn, Wohnkultur und kommunale Wohnungspolitik, S 170.

30

Die Küchenarbeit zu professionalisieren „konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß dem ‚Beruf Hausfrau‘ das wichtigste Element eines Berufes fehlt, nämlich das Einkommen, der Lohn“, G. Bock u. B. Duden, „Arbeit aus Liebe, Liebe als Arbeit. Zur Entstehung der Hausarbeit im Kapitalismus“, Frauen und Wissenschaft, Hg. Gruppe Berliner Dozentinnen, Berliner Sommeruniversität für Frauen 1976 (Berlin: Courage Verlag, 1977), S. 152.

31

Siehe Das Neue Frankfurt, Heft 8, IV. Jg. (Aug. 1930), das ganz dem Film gewidmet ist, mit einem Essay von Joseph Gantner, dem Chefredakteur, „Der dokumentarische Film“, S. 182–189, zu Eisenstein, Vertov und Ivens. Schon in Das neue Frankfurt, Heft 4, III Jg. Apr. 1929) findet sich ein Essay von Sophie Küppers (Lissitsky) „Der soziale Film in der UdSSR“, S. 80–82.

32

Web-Artikel zur Frankfurter Küche http://www.wordiq.com/definition/Frankfurt_kitchen, 11.8.2004, in dem es weiter heißt: „Erna Meyer antwortete auf die Kritik an der Frankfurter Küche mit der Stuttgarter Küche, die sie 1927 vorstellte. Sie war etwas größer, hatte einen etwas quadratischeren Grundriß und benutzte modulare Möbel. Diese boten eine größere Flexibilität und kamen damit sowohl den Bedürfnissen der zukünftigen Bewohner entgegen wie auch den verschiedenen Raumformen.“

33

Nachzulesen bei Gerd Kuhn, „Die ‚Frankfurter Küche‘“, Wohnkultur und kommunale Wohnungspolitik, S. 163–167.

34

Das Stadtarchiv Frankfurt bewahrt eine beeindruckende Dokumentation unzufriedener und entrüsteter Bürgerbriefe zu den Praunheimer Wohnungen. Einige davon sind abgedruckt in Wem gehört die Welt, S. 150–153.