Was bedeutet Filmgeschichte heute? Menschen verbinden das Kino mit packenden Geschichten, mit Stars und Spektakel, mit Erlebnissen, die in Erinnerung bleiben. Sie denken an gemeinsam verbrachte Stunden vor der großen Leinwand oder an Schauspielerfotos und Filmposter, die sie sammeln oder sich an die Wand hängen. Die im Kino verbrachte Zeit steht für sehr unterschiedliche Erfahrungen und Erlebnisse: Action und Komödie, die neueste Mode und die schönsten Landschaften; Kindheitsgefühle mischen sich mit Augenblicken höchster Leidenschaft, Spannung oder tiefstem Grauen. Filmgeschichte scheint daher zunächst einmal die eigene Geschichte des Zuschauers zu sein.
Für die Forschung – wo sie nicht zur Fußnote der Wirtschaftsgeschichte wird oder sich auf soziologische Fallstudien beschränkt – ist Kino eher eine Sache der Kultursemiotik, Sammelpunkt kollektiver Wunschfantasien und sinnlicher Erfahrungen, die man zwar analysieren kann, die aber in Regionen angesiedelt sind, die weder ein gut vermessenes kunstwissenschaftliches Gebiet abstecken noch einen gesicherten Kanon von Meisterwerken aufweisen. In dieser Hinsicht hat die Filmgeschichte tatsächlich ein Problem, denn welche Chronologie könnte schon all diese Zeichen und ›Fakten‹ in sich aufnehmen: Marilyn Monroe und die Geschichte der Kinopaläste, demografische Publikumserhebungen und Dorothys rote Schuhe aus dem WIZARD OF OZ, Popcorn in der Lobby und die existenzielle Anomie einer Monica Vitti, Patentkriege um Ton-Technologien und Charlton Heston, wie er seinen Moses-Stab trägt und noch immer in Fernseh-Talkshows die Wellen des Roten Meeres teilt? Was ist eigentlich ein Film? Fünf Rollen Zelluloid in Blechdosen oder ein unvergessliches Erlebnis? Ein Kunstwerk oder ein Dokument, durch das man ›dem Tod bei der Arbeit‹ Zusehen kann? Die Möglichkeit, sich ein bisschen Muße zu kaufen oder die Illusion, für ein paar Stunden am Leben anderer teilzuhaben?
Es besteht kein Mangel an Filmgeschichten, ob sie nun von großen Autoren und Meisterwerken handeln, von Stilen und Einflüssen oder von Motiven und Genremerkmalen, die von einem Zeitraum zum nächsten weitergegeben werden; Filmgeschichten, die von einem Land zum nächsten gehen, in denen Dänemark und Polen, Italien und Indien Momente des Ruhms erleben, weil sie ein Jahrzehnt dominieren konnten, durch ihr Produktionsvolumen auffallen oder einen Regisseur internationalen Formats hervorgebracht haben. Entsteht aber aus irgendeiner dieser Geschichten jene ›Große Erzählung‹ vom Kino als Motor eines neuen Weltverständnisses und einer neuen Seherfahrung, vom unaufhaltsamen Siegeszug des Realismus oder vom bewegten Bild als Simulakrum des Lebens selbst? Lässt sich ein ›Fortschritt‹ an den Stadien der Filmtechnik ablesen, wonach die Bilder erst stumm und schwarzweiß waren, sie sich dann die Sprache aneigneten, um schließlich mit Farbe, Breitwandformaten und Dolby-Sound den Realitätseffekt zu komplettieren? Die Splitter fügen sich zu keiner Geschichte, sondern unterfüttern einmal mehr historische Fiktionen, von Anekdoten gespeiste Erzählungen, die in der Kultur zirkulieren – vielleicht gerade deshalb, um die Frage nach der ›Filmgeschichte‹ auf Distanz zu halten und das anscheinend Unzusammenhängende auszublenden, weil es das Unternehmen einer historisch fundierten und gleichzeitig kohärenten Darstellung des Kinos zu gefährden droht.
Mit anderen Worten: Filmgeschichte ist selbst nur eine Funktion der Fragen, die man an sie stellt: Realismus, Star-System und Fanclubs, Rezeption und Zuschauer, Genre, Filmtechnik, Ökonomie, das Gegensatzpaar Hollywood – Europa, die Geschlechterdifferenz in den Wahrnehmungsformen – dies alles bietet Anlass zu ›Diskursen‹, die ihre eigene Methodik, wenn nicht Logik kennen. Wie ein Kollege aus einer naturwissenschaftlichen Fakultät einmal bemerkte, als ich mich als Filmhistoriker zu erkennen gab: »Filmgeschichte? — Ja, warum eigentlich nicht? Heutzutage kann wohl alles eine Geschichte haben.« Andererseits ist das Kino als Leitmedium selbst in unserer Alltagskultur derart präsent, dass es der Reflexion kaum mehr als Ganzes zugänglich ist und die Allgegenwart so vieler Filme fast schon gegen die Grundvoraussetzung traditioneller Geschichtsschreibung als einer unumkehrbar fortschreitenden Zeitlichkeit rebelliert. Betrachtet man zum Beispiel die Häufigkeit, mit der das Kino mit Kindheit und Jugend assoziiert wird, sobald die Lust und das Vergnügen, die es bereithält, beschrieben werden, und mit Sex, Gewalt und Tod, sobald seine soziale Einflussnahme in den Blick gerät, so wird klar, wie stark das Filmerlebnis in jedem Fall auf Haltungen und körperlich-sinnliche Empfindungen bezogen wird, die am Rande des im traditionellen Sinne Historischen liegen und die dennoch für die Kulturwissenschaften zentrale Anliegen ansprechen und so ihren Platz in der Geschichte der Mentalitäten und menschlichen Bedürfnisse einnehmen. Was in den Filmen historisch ist, kann nicht mit dem gleichgesetzt werden, was an den Filmen historisch ist.
Die Filmgeschichte befand sich methodologisch schon immer unter Legitimationszwang. Man kann sogar mehrere, sich oft wiederholende Paradigmen erkennen, die alle unter der Paradoxie einer doppelten Unmöglichkeit zu leiden scheinen: zum einen unter der Unmöglichkeit, volle Selbstständigkeit zu beanspruchen, und damit Gefahr zu laufen, von all jenen, die sich als die eigentlichen Historiker bezeichnen, ignoriert zu werden; und zum andern unter der Unmöglichkeit, ihr Territorium zugunsten eben jener ›echten‹ Historiker aufzugeben. Letztere sehen den Film, wenn überhaupt, als Ton- und Bildbeigabe zu ihren eigenen Argumentationen, die sich noch immer weitgehend auf geschriebene oder gedruckte Quellen berufen, ohne dass mechanisch reproduzierte Bilder und Töne wirklich eine Rolle spielen würden.
Dagegen wehrt sich die an den Universitäten innerhalb der Geisteswissenschaften etablierte Filmgeschichtsforschung, die bei den Historikern Anerkennung sucht, ohne ihren Anschluss an die Kulturwissenschaften aufzugeben. Indem sie auf der Eigenständigkeit der Geschichte des Kinos insistiert und sich von der Geschichte anderer Medien wie etwa des Radios, der Fotografie oder des Fernsehens absetzt, sich aber auch nicht einer generellen Mediengeschichte unterordnen will, wird Filmgeschichte einerseits von dem Zweifel begleitet, ob sie nicht selbst etwas Künstliches ist, andererseits aber wird sie gestärkt vom Wissen um das ›Konstruierte‹ ihrer Historizität. Zweifel oder Stolz sind wiederum abhängig von dem Platz, den man dem ›Laufbild‹ innerhalb der Kunst, der Populärkultur, der Industrie oder Technologie zugesteht. Dass dieser Platz noch immer ein prekärer ist, wird spätestens dann evident, wenn man den Blick in einige der Geschichtsdarstellungen des 20. Jahrhunderts von so bedeutenden Historikern wie Eric Hobsbawm oder Paul Kennedy wirft und vergeblich auch nur nach einer Erwähnung von Sergej Eisensteins OKTOBER, Orson Welles’ CITIZEN KANE oder Leni Riefenstahls TRIUMPH DES WILLENS sucht – ganz zu schweigen vom Hollywood-Musical oder der französischen Nouvelle Vague. Deshalb hat jeder Anspruch, das Kino sei für das Verständnis des 20. Jahrhunderts von zentraler Bedeutung, mit der gebotenen Vorsicht, sozusagen aus der Defensive heraus vorzugehen.1
Archive und Filmmuseen haben demgegenüber anscheinend einen ganz anderen Weg gewählt, um das filmische Erbe zu erforschen, zu erhalten und, wo möglich, einem neuen Publikum zuzuführen. Sie sehen sich, im Zuge eines neu erwachten Interesses am Schau- und Dokumentarwert des bewegten Bildes, immer wieder dazu angehalten, einen Weg zur Filmgeschichte einzuschlagen, den man als ›performativen‹ Zugang bezeichnen könnte. Gemeint ist damit die kalendarische Konzentration von Retrospektiven auf Jubiläen und ›runde Geburtstage‹ das Anlocken eines breiten Publikums durch das Feiern von Pionieren und herausragenden Persönlichkeiten, das Erinnern an vergangene Augenblicke des nationalen Stolzes oder auch (wie im Falle Deutschlands) der nationalen Schande. Gewollt oder ungewollt helfen diese Institutionen dabei, die Wandlungen in der Erfahrung von Öffentlichkeit zu bebildern und deren Geschichtsbild auf eine Folge von Medienereignissen oder tableaux vivants zu reduzieren. Damit werden auch die Filmarchive zu einem Teil der ›Kulturindustrie‹ und beugen sich den Marktgesetzen der ›Gesellschaft des Spektakels‹ Aus dieser Perspektive stehen sich Filmarchive und akademische Filmgeschichtsforschung ziemlich schroff gegenüber. Letztere hat ein derartiges Konzept der Filmgeschichte wiederholt kritisiert: eine Geschichte der Meister und Meisterwerke, der Erfinderleistungen und Einzelkämpfer oder – womöglich noch problematischer – des Films als ›Spiegel‹ der nationalen oder politischen Zeitgeschichte. Während die Filmwissenschaft sich, wie gesagt, gegenüber den etablierten Disziplinen der Geisteswissenschaften zu legitimieren sucht, muss sich ein Filmmuseum gegenüber Staat, Stadt und Öffentlichkeit legitimieren.
Als die Hundertjahrfeier der ersten öffentlichen Vorführungen bewegter Bilder 1995 ausgiebig Anlass zu Retrospektiven und Ausstellungen bot, hatte die kritische Reflexion darüber, wie man das Kino in Begriffe fassen kann, die seiner industriell und kulturell so widersprüchlichen Geschichte einigermaßen gerecht werden und gleichzeitig der Problematik ›Filmgeschichte‹ Rechnung tragen, ihren Paradigmenwechsel bereits vollzogen: Fast zwei Jahrzehnte intensiver Beschäftigung mit dem, was als the New Film History (die ›Neue Filmgeschichte‹) bekannt wurde, waren den Feierlichkeiten vorausgegangen. Diese Neubesinnung ist in den letzten Jahren immer grundsätzlicher geworden, bezieht sie sich doch nicht nur auf bestimmte Fragenkomplexe innerhalb dessen, was man die Filmgeschichte zu nennen gewohnt ist, sondern auch darauf, welche Art Geschichte überhaupt über Film und Kino historisch-kritisch zu schreiben beziehungsweise zu recherchieren sei. Ist Filmgeschichte hauptsächlich Werkgeschichte oder die Dokumentation von Ereignissen, die einmal stattgefunden haben und deren Spurensuche man nun betreibt? Ist sie eine Geschichte der Wahrnehmung oder die Geschichte einer Vergnügungsindustrie, die aus der menschlichen Schwäche für das eigene Spiegelbild Profit zu schlagen weiß? Oder ist Filmgeschichte der Ort unseres kulturellen Gedächtnisses und lebendiger Beweis einer Vergangenheit ohne Vergänglichkeit?
Zur Einteilung des Buches
Einigen dieser Fragen widmet sich der vorliegende Band. Im Anschluss an eine Einführung in die ›Neue Filmgeschichte‹ setzt sich das zweite Kapitel »Eine Erfindung ohne Zukunft: Thomas A. Edison und die Gebrüder Lumiere« nochmals eingehender mit der widersprüchlichen Logik des Lumièreschen Kinematographen und von Edisons Kinetoskop auseinander. Dabei soll herausgearbeitet werden, dass selbst die prominentesten ›Pioniere‹ Erwartungen an die Technologie knüpften, die sich teils erheblich von dem unterscheiden, was wir heute als ›Kino‹ kennen.2 Zugleich wird hier die Voraussetzung geschaffen, um im dritten Kapitel »Wie der frühe Film zum Erzählkino wurde« darauf einzugehen, inwieweit sich für das frühe Kino eine autonome Filmform behaupten lässt. Die Gültigkeit der verschiedenen filmhistorischen Modelle und Paradigmen muss sich beweisen beziehungsweise reiben können an den Filmen selbst – von denen aber nur eine verschwindend kleine Anzahl erhalten geblieben ist. Daneben gilt es, den Aufführungskontext genauer zu erforschen. Hier ist Sucharbeit erforderlich, und wie bei der Restauration der Filme selbst wird auch der Aufführungskontext zu einer Art von archäologischem Konstrukt: Aus den Bruchstücken der spärlichen Überlieferung muss so etwas wie ein Idealtyp herausgefiltert werden. Dieser Ideal typ ist sowohl deduktiv als auch induktiv entstanden, teils aus den theoretischen Überlegungen abgeleitet, teils aus dem überlieferten – filmischen und nichtfilmischen – Material herauspräpariert. Daher geht dieses Kapitel auf einige Missverständnisse über das Verhältnis zwischen Zuschauer und Filmform ein. Es stellt aber auch die Frage, wie und weshalb sich ein funktionierendes Erzählkino herausbilden konnte und in welcher Beziehung das prä-klassische zum post-klassischen Kino steht (und berührt damit die These vom narrativen Kino als Zwischenspiel der Mediengeschichte). Zur Sprache kommt dabei die formale Basis des frühen Films im internationalen Kontext, insbesondere der Schritt vom ›Single-Shot‹-Film (etwa Lumieres) zum ›Multi-Shot‹-Film: die Bedeutung der Montage, des Schnitts und anderer Filmformen, die sich als Voraussetzungen und grundlegende Gestaltungsmittel des filmischen Erzählens im Spannungsfeld zwischen ›Erzählen‹ und ›Zeigen‹ etablieren.3
Diese Diskussion führt zu der Grundthese des Bandes, dass Zuschauerraum und Leinwandraum in einem dynamischen Verhältnis zueinander stehen, welches die gesamte Geschichte des Kinos bis heute durchzieht. Damit widmet sich der erste Teil des Buches auch der Frage, ob das frühe Kino in seiner Andersartigkeit eine eigene Kohärenz ausgebildet hat oder ob seine widersprüchliche Logik nach einem breiteren analytischen Gerüst verlangt. Die darauf folgenden beiden Kapitel fragen, inwiefern ein solches Gerüst aus den besonderen historischen, ökonomischen und technologischen Entwicklungen des frühen Kinos selbst abgeleitet werden kann. Zentral ist dabei die Annahme, dass es nicht zuletzt die konkreten Umstände der Filmvorführung waren, die sowohl die frühe Filmform als auch deren Wandel zum Erzählkino bestimmten.
Das Kapitel »Die Institution Kino: Industrie, Ware, Publikum« handelt deshalb von den Bedingungen, unter denen der Film als Aufzeichnungs- und Wiedergabemedium von Bewegung und Bildern zur Industrie und Ware wurde, und davon, wie er sein Publikum konstituiert; vom Bruch zwischen der Erfinder-Generation und jener der im Show-Geschäft Versierten; vom Einfluss des Vaudeville und Varietes auf die sozialen und ästhetischen Formen des Kinos. Dabei werden fundamentale Aspekte des (US-amerikanischen) Kinos als Institution und Industrie – etwa die Formierung mehrerer Trusts, die Bedeutung juridischer und demografischer Faktoren – erörtert.
Das fünfte Kapitel »Norm und Form« rekapituliert noch einmal die Situation in Deutschland, die internationale Komponente des frühen deutschen Films, seine formalen Merkmale bis 1913 sowie die verschiedenen Modelle, die diese noch weithin unbekannte Periode in ein übergreifendes Verständnis von Filmgeschichte integrieren könnten. Neben der Quellenlage und dem Stand der Forschung werden sowohl die historischen Legitimationszwänge des frühen deutschen Kinos als auch die aktuellen Legitimationszwänge seiner Erforschung (am Beispiel der Arbeiten von Heide Schlüpmann und Corinna Müller) diskutiert. In diesem Zusammenhang wird ein eher pragmatisch-normalisierendes Konzept vorgestellt, das der Situation in Deutschland auf besondere Weise Rechnung tragen kann: das Konzept vom Film als einem Halbfabrikat, bei dem der materielle Informationsträger und die immaterielle Wirkungsdimension seiner Vorführung sich sowohl bedingen als auch ergänzen. Ebenfalls zur Sprache kommen die Dominanz von Pathé auf dem deutschen Markt und die besonderen stilistischen Eigenheiten dieser Produktionsfirma. Als Fazit ergibt sich eine – auch an den Positionen vor allem von Oskar Messter zu zeigende – Ungleichzeitigkeit, die für die Situation in Deutschland nicht untypisch zu sein scheint. Man könnte es ein Muster des ›Zu-früh/Zu-Spät‹ nennen, was Industrialisierung und Professionalisierung, Arbeitsteilung und Konzernbildung, Produktpalette und Konsumformen angeht. Im Falle von Messter bezieht sich die Ungleichzeitigkeit auch auf die Tatsache, dass seine Firma sich von Anfang an ebenso energisch wie erfinderisch für andere (zivile und militärische, medizinische und wissenschaftliche) Verwendungszwecke des filmischen Apparats interessiert hat wie für die der öffentlichen Kinovorstellung als Teil der Unterhaltungsindustrie.
Im sechsten Kapitel »Betörende Töne: Franz Hofers WEIHNACHTSGLOCKEN« geht es um das Zusammenspiel von Film und seiner Aufführung mit Blick auf die Bedeutung der akustischen Dimension des Filmerlebnisses, die stellvertretend an einem Film von Franz Hofer aufgezeigt werden soll. Dort wird herauszuarbeiten sein, wie subtil und differenziert dieses Zusammenspiel sein kann, und wie stark der Film – in seiner visuellen wie seiner narrativen Form – den Rezeptionsrahmen vorzeichnen und ›programmierem‹ kann.
Unter den Themen, die sich durch die einzelnen Kapitel ziehen, ist eines der wichtigsten, wie das Kino eine eigene Form narrativer Logik entwickeln konnte. Deshalb beschäftigen sich zwei Kapitel mit der Entstehung narrativer Kontinuität und filmischer Subjektivität, mit besonderem Bezug auf die Rolle von D. W. Griffith, dessen Werk einerseits repräsentativ, andererseits atypisch erscheint. Dass seine Filme für viele unterschiedliche Interpretationen zugänglich sind, erklärt auch, warum Griffith als Prototyp sowohl für die Avantgarde und ihre Version eines alternativen Kinos als auch für die national unterschiedlichen Variationen des Kontinuitätskinos und seiner Bildsprache gelten kann.
Das Kapitel »Das Kontinuitätssystem: D.W. Griffith und die Folgen« verknüpft daher mit dem Übergang vom Einakter zum Mehrakter eine eingehende Diskussion über den ›Einfluss‹ von D.W. Griffith auf den Spielfilm in den USA und die avantgardistischen Erzählformen in Frankreich, Deutschland und der Sowjetunion. Dabei ist zu zeigen, bis zu welchem Punkt sie alle als Variationen bestimmter Griffithscher Muster verstanden werden können. In dem Maße, wie Griffith in den USA in seiner Auffassung vom Spielfilm marginalisiert wurde, schien er zu einer ›Vaterfigur‹ des europäischen Films zu werden — in weit stärkerem Maße etwa als der immer wieder als Vorbild gepriesene Charles Chaplin.
Im achten Kapitel »Zeit, Raum und Kausalität« steht der Detektivfilm im Mittelpunkt. Obwohl die Figur von Griffith hier mehr im Hintergrund bleibt, ist sein Umgang mit filmischem Raum und erzählter Zeit präsent. Zur Diskussion stehen Kriminalfilme von Joe May, insbesondere der Stuart-Webbs-Serie (DER MANN IM KELLER). Daran schließt sich eine Diskussion der frühen Filme von Fritz Lang an, dessen KÄMPFENDE HERZEN, wie zu zeigen sein wird, einen Quantensprung in der Tradition des Detektivfilms darstellt, an der sich sowohl das internationale Erbe von Griffith als auch die Sonderstellung von Fritz Lang im frühen deutschen Film neu kontextualisieren lässt.
Die hier vorgestellten Arbeiten über die formale Artikulation des filmischen Raums, über Fragen der Narrativität und über die materiellen Faktoren, die das Kino geprägt haben, wollen neue Antworten geben, indem sie auf bisher vernachlässigte Zusammenhänge deuten. Eine Schlussfolgerung mag sein, dass die Frage nach der Andersartigkeit des frühen Kinos neu gestellt werden muss: nicht als binäre Opposition zum klassischen Kino, sondern als Markierungspunkt auf dem Weg der zunehmenden Ablösung der Bilder von ihren materiellen Referenten. Damit werden sie für das Narrative ›befreit‹, das wiederum zum Träger jenes kulturellen Gedächtnisses und jener sozialen Identität wird, die eine Industrie am Leben erhalten. Auch aus diesem Grund hat die Geschichte des frühen Kinos weitreichende Implikationen für eine generelle Geschichte des Films und jedes anderen Mediums, das von einem Massenpublikum abhängt und technologischem sowie institutionellem Wandel unterliegt.
In den beiden letzten Kapiteln wird zu diesem Medienwandel Stellung genommen, und zwar aus divergierenden Perspektiven; zunächst im Hinblick auf die europäischen Avantgarden der 20er Jahre, die sich auf oft sehr radikale Weise mit dem neuen Zeichencharakter der Welt im Zeitalter des bewegten Bildes und der Fotografie auseinander gesetzt haben (wie der Surrealismus); die aber auch, in Anlehnung an das frühe Kino, den Nachdruck auf die ›Aufführungspraxis‹ gelegt haben (wie etwa bei den Dada-Vorstellungen in Paris und Berlin). Das neunte Kapitel »Dada / Kino?« verfolgt diese ›alternativen‹ Traditionen der 20er Jahre, die sich vom frühen Kino inspirieren ließen — im Gegensatz zum Weimarer Kino, das die Spuren des frühen Kinos tunlichst getilgt hat und damit mitverantwortlich dafür ist, dass wir heute so wenig von ihm wissen.
Im zehnten und letzten Kapitel werden die dem frühen Kino inhärenten Brüche kontrastiert und konterkariert mit dem Medienwechsel unserer Tage, und es wird noch einmal auf die verschiedenen Dispositive des kinematographischen Apparats eingegangen, die sich heute einerseits ganz anders darstellen als zu Zeiten Lumieres, die aber andererseits bei Oskar Messter großenteils schon zu seiner Idee, wenn nicht des Kinos, so doch der vielfältigen Anwendungen des Kinematographen gehörten. Ich nenne sie die drei S/M-Praktiken des kinematographischen Apparats – Science and Medicine, Sensoring and Monitoring, Surveillance and the Military. In diesem Sinne könnte man zum Abschluss eine Hypothese wagen, die die verschiedenen Momente noch einmal zusammenfasst. Das Kino entstand letzten Endes weder so unvermeidlich, wie es die ›alte‹ Filmgeschichte unterstellte, noch so zufällig, wie es manchmal bei der New Film History den Anschein hat. Man könnte von einer historischen Konstellation sprechen, die fast den Charakter eines kulturellen Dilemmas hat. Die Krise, für die sich das Kino und der Kinematograf als eine Art ›Lösung‹ anboten, hatte viel zu tun mit den industriellen und demografischen Veränderungen, das heißt mit dem Wegzug der Landbevölkerung in die Großstädte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts und den damit einhergehenden verschiedenen Formen der Sozialisierung und der Selbstdisziplinierung. Davon betroffen waren in den 10er Jahren auch Teile des Mittelstands, die Angestellten und die in den neuen Dienstleistungszweigen beschäftigten männlichen und weiblichen Arbeitskräfte. Sie alle fanden im Kino eine neue Art der Mobilität – des Blicks, des Körpers und auch der materiellen Welt —, die ihrer Erfahrungsweise entsprach, aber gleichzeitig die bürgerliche Gesellschaft unter großen Druck setzte. Insbesondere der Staat benötigte neue Erfassungs- und Aufzeichnungs-Technologien, die auf dem Gebiet der Verwaltung, der Planung, des Militärs und der sozialen Kontrolle zur Anwendung kamen. Diesen Technologien der Aufzeichnung und Speicherung verhalf das Kino zur Akzeptanz, indem es sie einerseits in die Alltagskultur integrierte und sie andererseits lustvoll besetzte. Das Kino stülpte sich mehr oder weniger systematisch ältere Formen des Vergnügens und der Lustbarkeit über oder konnte sie geschickt imitieren. Mag dies auf den ersten Blick einer Verschwörungstheorie gleichen, so erlaubt eine solche Argumentation uns doch, von der Funktion der audiovisuellen Medien im weitesten Sinn Rückschlüsse zu ziehen auf den ›Anfang‹, den wir nun, ganz im Sinne einer Archäologie der Neuen Medien, aus einer anderen Perspektive betrachten und erforschen können.4 Die Filmgeschichte also – unaufhaltsamer Aufstieg eines Menschheitstraums oder Archäologie möglicher Zukunftsvisionen? Wenn diese Frage im Folgenden zuweilen bewusst polemisch formuliert ist, dann vor allem, um daraufhinzuweisen, dass Kino eine Erfahrung möglich macht, deren Historizität paradoxerweise das Ende des modernen Geschichtsbegriffs in sich trägt.
Medienwandel gewinnt auf diese Weise eine doppelte Bedeutung: als Wandel des Mediums Kino in der Zeit und als Wandel des Kinos innerhalb des medialen Zusammenhangs (aber auch umgekehrt dessen Wandel unter dem Eindruck des Kinos). Vor diesem Hintergrund kann die Ausgangsfrage: ›Was bedeutet Filmgeschichte heute?‹ noch einmal gestellt und im Zusammenhang einer neu zu zentrierenden Mediengeschichte anders beantwortet werden, indem man die Konsequenzen aus der gegenwärtigen Bedeutung der ›Kinematografie im erweiterten Bezugsfeld‹ zieht, so dass nicht zuletzt die Aktualität des frühen Kinos in einem anderen Licht erscheinen kann.
Vorgeschichten
Filmgeschichte und frühes Kino ist entstanden als Teil eines größeren Projekts und im Dialog mit Kollegen, Freunden und Studenten in mehreren Ländern. Als ich mich in den frühen 80er Jahren mit dem Weimarer Kino beschäftigte, wurde sehr bald deutlich, dass sich diese so entscheidende Epoche der deutschen Filmgeschichte ohne ihre Vorgeschichte kaum adäquat begreifen ließ. Diese ›Vorgeschichte‹ allerdings entpuppte sich als Teil der Geschichte des frühen Kinos, das wiederum nur im internationalen Kontext verständlich wurde und weder auf nationale Gegebenheiten beschränkt blieb, noch eigentlich als ›Vorgeschichte‹ betrachtet werden konnte. Das Kino der ersten zwei Jahrzehnte, also von 1896 bis 1917, so lautete die Arbeitshypothese, musste zunächst in seiner Andersartigkeit und Selbstständigkeit erkannt werden, ehe man seine Bedeutung für das Darauffolgende bestimmen und die Filme bewerten konnte. Dies bot sich auch deshalb an, weil seit dem inzwischen legendären FIAF-Kongress in Brighton im Jahre 1978 der frühe Film (das heißt von den Anfängen bis etwa 1907) auf ganz anderen Grundlagen — sowohl von den filmmateriellen wie auch historiografischen Gegebenheiten her – neu erforscht wurde, und sich ab 1988 eine äußerst engagierte Gruppe internationaler Filmwissenschaftler, Archivare und Filmliebhaber alljährlich in der norditalienischen Stadt Pordenone zu den ›Tagen des stummen Films‹ zusammenfand. Konkret bedeutete das Stummfilmfestival der Cineteca di Friuli, dass man die ersten Jahrzehnte des Kinos in Frankreich, den USA, Dänemark, Italien, Russland, Japan und Deutschland anhand frisch restaurierter Kopien, sorgfältig dokumentierter Retrospektiven und seltener Archivfunde inspizieren konnte. Die dort geführten Diskussionen mit den jeweiligen Experten machten deutlich, wie international verwoben das Filmgeschäft und die Kinokultur schon immer waren und wie sehr eine nationale Filmtradition sich nur als Variante des internationalen Entwicklungsstands oder als spezifische Praxis innerhalb eines transnationalen Geflechts von Regeln und Normen begreifen ließ.
Mein eigenes Projekt weitete sich also sehr bald dazu aus, auch den frühen deutschen Film aus komparativer Perspektive anzugehen und ihn im internationalen Zusammenhang zu sehen. Die erste Gelegenheit dazu bot sich im Jahre 1983, bei einer von meinem Kollegen Charles Barr und mir an der University of East Anglia organisierten Tagung über »Ernst Lubitsch, die Nordisk und das frühe deutsche Kino« mit Beiträgen von David Bordwell, Kristin Thompson, Barry Salt, Ben Brewster und – als Gast aus Deutschland – Karsten Witte. Der Kongress und die begleitende Retrospektive hatten zum Ziel, diesen zweifellos bekanntesten deutschen Stummfilmregisseur internationalen Zuschnitts im Hinblick auf die formalen Eigenheiten und Erzählstrategien des frühen Kinos neu zu verorten.
Ein zweiter Anlauf war eine Sammelrezension, die ich im Jahre 1986 für die Zeitschrift Sight and Sound schrieb, und die sich mit neueren Arbeiten der Filmhistoriker Robert Allen, Douglas Gomery, Noël Burch, Barry Salt, David Bordwell, Kristin Thompson, Janet Staiger, Edward Buscombe, Edward Branigan und Steve Neale befasste. Ich taufte ihre Ansätze The New Film History, worauf mir das British Film Institute in der Person von Geoffrey Nowell-Smith antrug, einen Sammelband herauszugeben, der sowohl Tagungsband der Lubitsch-Konferenz werden als auch diese ›Neue Filmgeschichte‹ anhand ausgewählter Essays dokumentieren sollte. Daraus wurde das Buch Early Cinema: Space Frame Narrative (1990), das schließlich nichts mehr mit Lubitsch und - von zwei Essays zu Victor Sjöströms TRÄDGARDMÄSTAREN (1912) und Stellan Ryes DER STUDENT VON PRAG (1913) abgesehen — nur wenig mit dem deutschen oder skandinavischen Kino zu tun hatte. Denn inzwischen schien es dringlicher, die damals wichtigsten Autoren zum frühen Film in einem möglichst breiten Bezugsrahmen der Öffentlichkeit nahe zu bringen. Die herausragenden Namen waren für mich Noël Burch, Barry Salt, Tom Gunning, Andre Gaudreault, Charles Musser, Ben Brewster, Stephen Bottomore, Raymond Bellour, Michael Chanan, Janet Staiger, Ann Friedberg, Yuri Tsivian, Miriam Hansen und Jacques Aumont. Um für diese doch heterogene Gruppe englischer, amerikanischer, französischer, russischer, australischer und deutscher Filmwissenschaftler ein mehr oder weniger kohärentes Diskursfeld zu schaffen, das sich nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner beschränkte, verfasste ich längere Einleitungen zu den verschiedenen Sektionen.
Gleichzeitig begann ich, auf den jährlichen CineGraph-Kongressen in Hamburg, einige der Prinzipien der ›Neuen Filmgeschichte‹ auch auf den deutschen Film anzuwenden, woraus meine Beiträge unter anderem zu Reinhold Schünzel und Joe May entstanden. Daneben verstärkte sich der Wunsch, auch zum frühen deutschen Kino einen solchen Sammelband herauszugeben, wobei mir die Pordenone-Retrospektive zum deutschen Film im Jahre 1990 eine erste Gelegenheit der Sichtung und Erforschung bot. Insbesondere die Sammlung des Nederlands Filmmuseum lockte als Quelle neuen Materials, aber auch der Enthusiasmus einer Reihe jüngerer Mitarbeiter in Amsterdam, allen voran Michael Wedel und Ivo Blom, erwies sich als entscheidender Impuls. Vorgesehen war eine englische und eine deutsche Ausgabe, wobei letztere in Zusammenarbeit mit dem Jahrbuch KINtop und zwei seiner Herausgeber, Frank Kessler und Martin Loiperdinger, entstehen sollte. Obwohl sich der ehrgeizige Plan mangels entsprechender Geldmittel zerschlug, blieben beide als Autoren dem englischsprachigen Band erhalten, der als A Second Life: German Cinemas First Decades 1996 in Amsterdam erschien.
Konkrete Formen nahm das vorliegende Buch schließlich an, als Frau Dr. Christa Jordan von der edition text + kritik mich auf der Herbsttagung von CineGraph 1995 ansprach, ob ich nicht ein Buch zur ›Neuen Filmgeschichte‹ schreiben wollte. Sieben Jahre später konvergieren nun beide Projekte, die deutsche Ausgabe von A Second Life, die parallel in veränderter Fassung unter dem Titel Kino der Kaiserzeit. Zwischen Tradition und Moderne Erscheint, und die vorliegende Studie zur Filmgeschichte und dem frühen Kino.
Teile des Artikels aus Sight and Sound sind in das erste Kapitel eingegangen, dessen Übersetzung Michael Wedel besorgte. Von den ursprünglichen Einleitungen zu Early Cinema: Space Frame Narrative habe ich zwei in überarbeiteter Form als Kapitel IV. (»Die Institution Kino. Industrie, Ware, Publikum«) und als Kapitel VII. (»Das Kontinuitätssystem. D. W. Griffith und die Folgen«) übernommen. Die Übersetzungen stammen von Uli Jung. Kapitel II. (»Eine Erfindung ohne Zukunft. Thomas A. Edison und die Gebrüder Lumiere«) wurde zuerst als Vortrag auf der 1996 in Marburg organisierten Konferenz »Der Film im Ensemble der Künste« gehalten. Mein Dank gebührt Karl Prümm und Heinz B. Heller für ihre freundliche Einladung. Kapitel III. (»Wie der frühe Film zum Erzählkino wurde«) hat seinen Ursprung in einem Vortrag in Bremen, der vorab veröffentlicht wurde in Irmbert Schenk (Hg.): Erlebnisort Kino (Marburg: Schüren 2000, S. 34-54). Kapitel VI. »Betörende Töne: Franz Hofers WEIHNACHTSGLOCKEN« wurde 1998 als Vortrag auf dem 5. internationalen Kongress »The Birth of Film Genres« in Udine gehalten und erschien unter dem Titel »Sounds Beguiling« im Tagungsband. Ich danke Leonardo Quaresima für die Einladung und Malte Hagener für die Übersetzung. Malte Hagener hat auch Kapitel VIII. (»Zeit, Raum und Kausalität. Joe May, Fritz Lang und der frühe deutsche Detektivfilm«) übersetzt ebenso wie Teile von Kapitel X. (»Medienwechsel: Konvergenz oder Ausdifferenzierung der Leitmedien?«). Kapitel V. (»Norm und Form: Geschichte und Gegengeschichte im frühen deutschen Kino«) und Kapitel IX. (»Dada/Kino?«) sind von Michael Wedel übersetzt, der sich auch um den wissenschaftlichen Apparat des Buches außerordentlich verdient gemacht und das gesamte deutsche Manuskript sorgfältig betreut hat. Mein Dank gilt darüber hinaus Karina Kellermann, Yvonne Lesser und Warren Buckland. Last but not least möchte ich sowohl Dr. Christa Jordan als auch Dr. Clemens Heucke von der edition text + kritik für ihren Enthusiasmus, guten Rat, ihre editorische Arbeit am Text und allgemeine Unterstützung des Projekts ganz besonders danken. Widmen möchte ich das Buch meinen Studenten und Kollegen an der Universität von Amsterdam.
Amsterdam, im März 2002
Notes
Eric Hobsbawm: The Age of Extremes. A History of the World 1914—1991. New York 1996; Paul Kennedy: Preparing for the 21st Century. New York 1994.
Zugleich besteht ein Grund für die Bedeutung der Lumières darin, dass sie bereits über einen Begriff der Filmform verfügten, der in den Sehgewohnheiten des 19. Jahrhunderts, ihren visuellen Repräsentationstechniken und -technologien in Kunst und Unterhaltungskultur tief verwurzelt war. Vgl. hierzu Jacques Aumont: L'OEuil Interminable. Cinema et peinture. Paris 1989, S. 13-36.
Zweifellos existierten bereits vor dem Kino narrative Formen, es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Periode der formalen Experimente später kam, zu einer Zeit, als das Kino im Zuge der Kinoreformbewegungen und Kinokrisen unter Legitimationsdruck geriet und sich differenzieren und als eigenständige Kunst von anderen Künsten absetzen musste. Vgl. die Beiträge von Kristin Thompson und Yuri Tsivian in Thomas Elsaesser, Michael Wedel (FTg.): Kino der Kaiserzeit. Zwischen Tradition und Moderne. München 2002.
Vgl. Paul Virilio: Krieg und Kino. München 1986. Relevant sind hier aber auch die Diskussionen um BIG BROTHER und andere Formen des ›Realitätsfernsehens‹, bei denen Überwachungstechnologie in einem alles andere als monokausalen Zusammenhang lustvoll besetzt wird. Hier müsste eine Auseinandersetzung mit den gängigen Theorien des ›Medienwandels‹ und des Technologietransfer anschließen.